web.de, 29.05.2000 10:00 An der deutsch-dänischen Grenze ein Projekt für den Frieden Europäisches Zentrum für Minderheitenfragen kümmert sich um Krisenregionen Von AP-Korrespondentin Kersten Kampe Flensburg (AP) Das friedliche Miteinander von Dänen und Deutschen in der Grenzregion soll Vorbild für einen funktionierenden Minderheitenschutz in Krisenherden werden. Dieses Ziel will der neue Direktor des Europäisches Zentrums für Minderheitenfragen in Flensburg, Marc Weller, mit einem ehrgeizigen Programm erreichen. Die von Dänemark und Deutschland getragene Einrichtung will in Zukunft Konflikte früher erkennen, die Politik beraten und die Konfliktparteien begleiten, wie Weller erklärte. So sollen sich zum Beispiel im Sommer politische Führer und Intellektuelle aus dem Kosovo auf seine Einladung hin in Flensburg treffen, damit sie sich in einer neuen Atmosphäre an einen Tisch setzen können. Weller sagte, die Konfliktparteien sollen dabei gemeinsame Interessen in Sachfragen herausfinden, zum Beispiel bei der Bildung. Es gehe darum in «kleinen Fragen Koalitionen» zu bilden. Die Wissenschaftler des Zentrums kümmern sich um die Krisenregionen der Erde. Seminare und Projekte finden sowohl in Flensburg, aber auch in den betroffenen Regionen statt. Die Probleme von Minderheiten in Krisenregionen werden analysiert und Lösungen entwickelt. Das Team in Flensburg ist international, eine «Ressource aus ganz hervorragenden Wissenschaftlern», meinte Weller. Zwei Juristen, zwei Politologen, ein Wirtschaftsexperte und ein Soziologe gehören dazu. Sie kommen aus Ungarn, Frankreich, Schweiz, Estland und Deutschland. Langfristig möchte Weller, der internationales Recht und Politik an der Universität Hamburg und in Cambridge studierte, das Zentrum zu einem Konfliktpräventionscenter, einem Frühwarnsystem für Konflikte entwickeln. Als Beispiel nannte Weller, der die vergangenen 15 Jahre in Cambridge lehrte, die Entwicklung im Kosovo. Seit 1990 habe jeder gewusst, dass der Konflikt ausbrechen werde. Dennoch seien nicht genug Alternativen entwickelt worden, um ein militärisches Eingreifen zu verhindern. Das Minderheitenzentrum will in solchen Fällen Regierungen beraten, ihnen Lösungen für Einmischung im «positiven Sinne» anbieten. Konkret angewandte Forschung nennt Weller dies. Internationale Datenbank zu Minderheitenfragen Mit Politik hat Weller jede Menge Erfahrung: Er beriet neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit in Cambridge verschiedene Delegationen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, ist seit 1993 einer der Anwälte für Bosnien-Herzegowina am Internationalen Gerichtshof in Den Haag, war Rechtsberater von Delegationen auf der London-Konferenz zu Jugoslawien und auf den Rambouillet- und Paris-Konferenzen zum Kosovo. Einen weiteren Schwerpunkt setzt der 39-jährige Jurist auf die Information. Ende des Jahres will das Zentrum im Internet vertreten sein, in der es per Mausklick aktuelle und hintergründige Informationen zu den Krisenregionen der Welt geben wird. Außerdem beteiligt sich das Zentrum am Aufbau einer internationalen Datenbank zu Minderheitenfragen. Derzeit wird die Einrichtung von Dänemark, der Bundesregierung und der schleswig-holsteinischen Landesregierung finanziert. Die Hälfte des Jahresetats in Höhe von 1,2 Millionen Mark zahlt Dänemark, die andere Hälfte teilen sich Schleswig-Holstein und der Bund.
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