junge Welt, 02.06.2000 Zeugen unerwünscht Jugoslawischen Tribunal-Teilnehmern BRD-Visa verweigert Heute beginnt in der Berliner Heiligen-Kreuz-Kirche das Internationale Europäische Tribunal über die Verbrechen der NATO im Krieg gegen Jugoslawien. Die Organisatoren, mehrere hundert Friedens- und Menschenrechtsgruppen aus ganz Europa, erwarten Teilnehmer aus mehr als 20 Ländern. Angeklagt bei dem inoffiziellen Verfahren, das unter Vorsitz des Völkerrechtlers Norman Paech steht, sind die Regierungen der 19 NATO-Staaten, führende NATO-Militärs sowie mehr als 600 Bundestagsabgeordnete, die im Oktober 1998 und im Februar 1999 für den Kriegseinsatz gegen Jugoslawien gestimmt hatten. Bis zum Donnerstag wurde die Erteilung der Einreisevisa für die 15 Experten und Zeugen aus Jugoslawien von den BRD-Behörden »unter fadenscheinigen Vorwänden hinausgezögert«, wie Ralph Hartmann, früherer Botschafter der DDR in Jugoslawien und Kuratoriumsmitglied des Tribunals, gegenüber junge Welt erklärte. So soll von den jugoslawischen Teilnehmern die Offenlegung ihrer Einkommensverhältnisse verlangt worden sein. »Die Absicht liegt auf der Hand: Dem Tribunal soll damit die Grundlage entzogen werden«, so Hartmann. Sollten die Visa nicht doch noch am heutigen Freitag morgen ausgestellt werden, würden die Zeugen und Experten aus Belgrad eben telefonisch gehört. Rüdiger Göbel
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