Frankfurter Rundschau, 2.6.2000 Green Card beschlossene Sache Kabinett verabschiedet Regelung / Ab Sommer in Kraft BERLIN, 1. Juni (hih/rtr). Das Bundeskabinett hat die von Arbeitsminister Walter Riester (SPD) erarbeitete Green-Card-Regelung für ausländische Computer-Experten am Mittwoch verabschiedet. Mit der von Sommer an geltenden Regelung könne eine Lücke am Arbeitsmarkt geschlossen werden, "die auf Versäumnisse der Vergangenheit - auch der Industrie - zurückzuführen" sei, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in Berlin. Damit können bis zu 20 000 High-Tech-Fachkräfte bis zu fünf Jahre in Deutschland arbeiten, ohne große bürokratische Hürden überwinden zu müssen. Bedingung ist, dass sie ein Jahreseinkommen von mindestens 100 000 Mark beziehen. Schröder kritisierte ein "mangelndes Maß an Internationalität im politischen System Deutschlands". Internationalität sei dringend notwendig, um "in der Zeit der Globalisierung" bestehen zu können. Die Forderung nach einem Einwanderungsgesetz lehnte der Kanzler ab. Dabei kritisierte er vor allem die Haltung der Unionsparteien, die ein solches Gesetz gegen das Recht auf Asyl ausspielen wollten. Diese "Verquickung werde ich nicht mitmachen", sagte Schröder. Solche "Verschleißdebatten" schadeten dem Image Deutschlands in der Welt. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hatte von der Regierung ein verlässliches Gesamtkonzept für die Zuwanderung einschließlich einer Harmonisierung des Asylrechts auf europäischer Ebene gefordert. Die Green Card bleibe eine Scheinlösung und Flickschusterei. Der für die Innenpolitik zuständige stellvertretende Unions-Fraktionschef Wolfgang Bosbach sagte, er könne nicht ausschließen, dass es zur Green Card ein unterschiedliches Abstimmungsverhalten der unionsregierten Bundesländer im Bundesrat geben werde. Bosbach sagte voraus, ein großer Teil der angeworbenen Computer-Fachkräfte werde den Wunsch haben, dauerhaft in Deutschland zu bleiben. Man müsse die Green Card in Zusammenhang sehen mit anderen Aktivitäten der Bundesregierung in der Ausländerpolitik wie etwa Arbeitserleichterungen für Asylbewerber. Zudem bezweifelte Bosbach, dass die jetzt gefundene Regelung den gewünschten Effekt haben werde. Top-Leuten könne man die Bedingungen für ihren Aufenthalt nicht diktieren. Tue man es doch, "dann werden sich nicht die Besten bewerben, sondern diejenigen, die in den USA und anderen Ländern keine Beschäftigung finden". Die Grünen erklärten sich zu Geprächen über ein Einwanderungsgesetz bereit. Sie forderten Merkel auf, dafür zu sorgen, dass die Unionsländer die Green Card im Bundesrat nicht blockierten. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck, bedauerte, dass die neue deutsche Green Card anders als ihr US-amerikanisches Vorbild keine dauerhafte Aufenthaltsberechtigung begründe.
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