taz Bremen 5.6.2000 Vergewaltigung nur "ruppig"? Folteropfer droht Abschiebung nach Sri Lanka, nachdem Gerichte ihre Darstellung ignorierten und bagatellisierten "Enthinderungen": Politiker tun nichts Gutes für ihren Ruf In Sri Lanka wurde Rapanji T. im Gefängnis wochenlang geschlagen und mehrfach vergewaltigt. Im Verhör drohte man auch, ihrer vierjährigen Tochter etwas anzutun. Die Behörden verdächtigten die Halbtamilin, die separatistischen Tamil Tigers (LTTE) zu unterstützen. Erst als sie nach der schweren Folter in ein Krankenhaus verlegt wurde, konnte ihre Mutter sie freikaufen. Die Familie floh nach Deutschland. Aber die erhoffte Sicherheit fanden die Verfolgten auch im Oldenburgischen nicht. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge nahm zwar zur Kenntnis, dass die heute 30-Jährige von Sicherheitskräften vergewaltigt wurde. Das werteten die Nürnberger Entscheider allerdings als Exzesstaten einzelner Beamter. Sie gingen davon aus, dass so etwas in Sri Lanka mittlerweile geahndet würde - anders als vom obersten Gerichtshof mehrfach moniert. Da es sich folglich nicht um staatliche Verfolgung handele, wurde der Asylantrag abgewiesen. Im Widerspruchsverfahren war im Urteil des Oldenburger Verwaltungsgerichts dann plötzlich keine Rede mehr von Vergewaltigung - obwohl die Betroffene unter Tränen nochmals detailliert geschildert hatte, wie sie zwischen den Verhören mindestens viermal aus der Zelle geholt und vergewaltigt wurde. Das Gericht nahm darauf keinerlei Bezug: Die "geschilderten Übergriffe (massive Schläge)" hätten kein asylrechtlich relevantes Maß erreicht. Sie seien "über ein bloß ruppiges Verhalten nicht hinausgegangen" und "hatten nicht den Charakter gezielter körperlicher Misshandlungen, etwa zur Geständnis-Erpressung oder gar Folter", so der zuständige Richter. Von Vergewaltigung kein Wort. Rapanji T. legte deshalb Berufung gegen das Urteil ein, weil ihr das rechtliche Gehör versagt worden sei. Nicht nur fand der zentrale Bestandteil ihrer Schilderungen keinen Niederschlag im Urteil, auch ihr Antrag auf aktuelle Sachverständigen-Gutachten zur Verfolgungssituation in Sri Lanka wurde abgelehnt. Das Verwaltungsgericht hatte sich stattdessen auf einen veralteten Länderbericht des Auswärtigen Amtes gestützt - das hatte schon einen Monat vorher in einem Rundschreiben darum gebeten, den Bericht nicht mehr zu verwenden. Dennoch lehnte das Oberlandesgericht Lüneburg den Berufungsantrag ab. Als letzten Ausweg wendet sich Rapanji T. nun an das Bundesverfassungsgericht. Neben dem auf rechtliches Gehör sieht sie durch die Verharmlosung ihrer Qualen auch ihr Recht auf Menschenwürde verletzt. Frauenspezifische Verfolgungsgründe nehmen laut ihrem Anwalt Jan Sührig in der Regel nur Frauen hinreichend wahr. Er fordert für seine Mandantin deshalb eine Richterin, was auch im Sinne der EU-Entschließung über Mindestgarantien im Asylverfahren wäre. Aber die hat Deutschland nicht in nationales Recht umgesetzt. not
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