Frankfurter Rundschau, 6.6.2000

Terrorismus

Geflüchteter Iraner spricht über Lockerbie-Anschlag

WASHINGTON, 5. Juni (ap). Ein Iraner, der nach eigenen Angaben als stellvertretender Geheimdienstminister terroristische Aktivitäten koordinierte, hat im US-Fernsehsender CBS Details über die Bombenanschläge von Lockerbie und eine US-Kaserne in Saudi-Arabien enthüllt.

Der in die Türkei geflohene Ahmad Behbahani sagte, er habe den Lockerbie-Anschlag als Vergeltung für den versehentlichen Abschuss eines iranischen Airbusses durch einen US-Kreuzer fünf Monate vorher vorgeschlagen. Er habe dafür gesorgt, dass ein in Syrien lebender palästinensischer Terrorist an Bord des PanAm-Jumbos gewesen sei und zwei Libyer für den Auftrag ausgebildet und eingesetzt worden seien. Weiter behauptete Behbahani, gte er, er habe Beweise, dass der Anschlag auf die US-Kaserne in Saudi-Arabien von Iran verübt worden sei.

Behbahani sagte außerdem, er habe im Juli 1989 mit zwei Komplizen in Wien einen iranischen Kurdenführer, Abdul-Rachman Ghassemlu, erschossen. Damals fanden in der österreichischen Hauptstadt Geheimverhandlungen der iranischen Regierung mit der kurdischen Widerstandsbewegung statt. Der US-Sender teilte mit, Behbahani habe die CBS-Reporterin mit den Worten empfangen: "Sie könnten eine Attentäterin sein. Ich habe mich persönlich als Journalist ausgegeben, als ich Ghassemlu in Wien tötete."

Behbahani wurde am Montag von türkischen und US-amerikanischen Geheimdiensten verhört. Der türkische Geheimdienst erklärte, der 32-Jährige sei Anfang März illegal in die Türkei eingereist und habe sich um Asyl in den USA beworben, wie die amtliche Nachrichtenagentur Anatolia meldete.