web.de, 05.06.2000 20:51 Iranischer Überläufer schildert detailliert Terroranschläge In die Türkei geflüchteter stellvertretender Geheimdienstminister will Lockerbie-Anschlag geplant haben Washington (AP) Ein Iraner, der nach eigenen Angaben als stellvertretender Geheimdienstminister terroristische Aktivitäten koordinierte, hat im US-Fernsehsender CBS Details über die Bombenanschläge von Lockerbie und eine US-Kaserne in Saudi-Arabien enthüllt. Zudem sagte der in die Türkei geflohene Ahmad Behbahani der CBS-Reporterin Roya Hakakian, er habe im Juli 1989 mit zwei Komplizen in Wien einen iranischen Kurdenführer, Abdul-Rachman Ghassemlu, erschossen. Damals fanden in der österreichischen Hauptstadt Geheimverhandlungen der iranischen Regierung mit der kurdischen Widerstandsbewegung statt. Das CBS-Interview wurde an einem geheimen Ort geführt, die türkischen Sicherheitsbehörden ließen aus Sicherheitsgründen keine Aufzeichnung zu. Eine offizielle Reaktion aus Teheran auf die Angaben Behbahanis lag zunächst nicht vor. Die konservative Tageszeitung «Tehran Times» schrieb, der Mann sei Mitglied der Untergrundorganisation Mudschahedin Chalk. Diese wies die Beschuldigung in Bagdad als «falsch und lächerlich» zurück. Behbahani nannte in der Sendung «60 Minutes» Einzelheiten über die Koordination des Bombenanschlags auf PanAm-Flug 103 am 21. Dezember 1988 über dem schottischen Dorf Lockerbie und des Angriffs auf die Chobar-Towers-Kaserne in Saudi-Arabien 1996. In Lockerbie wurden 270 Menschen, bei der Zündung einer Lkw-Bombe in Saudi-Arabien 19 US-Luftwaffensoldaten getötet. US-Außenministerin Madeleine Albright bezeichnete die Informationen des Überläufers vor der Ausstrahlung des Interviews als interessant; das State Department werde die Sendung am späten Sonntagabend verfolgen. Sie halte es aber angesichts des in den Niederlande stattfindenden Lockerbie-Prozess gegen zwei Libyer für unangebracht, sich zu Einzelheiten zu äußern. Behbahani sagte, er habe den Lockerbie-Anschlag als Vergeltung für den versehentlichen Abschuss eines iranischen Airbusses durch einen US-Kreuzer fünf Monate vorher vorgeschlagen. Er habe dafür gesorgt, dass ein in Syrien lebender palästinensischer Terrorist an Bord des PanAm-Jumbos gewesen sei und zwei Libyer für den Auftrag ausgebildet und eingesetzt worden seien. Er habe Beweise dafür, dass der Anschlag auf die US-Kaserne in Saudi-Arabien von Iran verübt worden sei. Behbahani wurde am Montag von türkischen und amerikanischen Geheimdiensten verhört. Der türkische Geheimdienst erklärte, der 32-Jährige sei Anfang März illegal in die Türkei eingereist und habe sich um Asyl in den USA beworben, wie die amtliche Nachrichtenagentur Anatolia meldete. Türkische Zeitungen berichteten, amerikanische Agenten hielten Behbahani an einem geheimen Ort in der Türkei fest. CIA kann Bericht weder bestätigen noch dementieren Am 24. Mai hatte das Washingtoner Büro des Nationalrats für Widerstand in Iran gemeldet, dass Behbahani in die Türkei eingereist sei und die dortigen Behörden gedrängt habe, ihn zu verhaften. Die Oppositionsorganisation erklärte, Behbahani «habe detaillierte Informationen über den Lockerbie-Anschlag». In Frankreich bestätigte der im Exil lebende erste Präsident der Islamischen Republik, Abolhassan Bani-Sadr, dass Behbahani vor zwei Monaten Iran verlassen und in einem anderen Land Unterschlupf gesucht habe. CIA-Sprecher Bill Harlow sagte der AP am Sonntag, er sei könne den CBS-Bericht weder bestätigen noch dementieren. Ungeachtet der Aussagen Behbahanis wurde am Montag der Lockerbie-Prozess in Camp Zeist in den Niederlanden mit weiteren Anhörungen fortgesetzt.
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