junge Welt, 08.06.2000 Kritik an Mammutvorhaben Kampagne gegen »kühnstes Bewässerungsprojekt der Erde«. BRD mit Hermesbürgschaft dabei Auf Einladung des Verbandes der Studentinnen und Studenten aus Kurdistan (YXK) findet am 10. Juni in Münster eine Veranstaltung zum sogenannten »Südost-Anatolien-Projekt (GAP)« statt. Die Veranstaltung gehört zu einer Kampagne gegen ein Bauvorhaben in der Türkei, das von der Regierung in Ankara als »kühnstes Bewässerungsprojekt« der Geschichte gefeiert wird. Die Realität aber sind fatale ökologische Folgen. Daneben wird beispielsweise die antike Stadt Hasankeyf mit zahlreichen Kulturgütern für immer in den Wassermassen verschwinden. Außerdem müssen Tausende Kurden zwangsumgesiedelt werden. Gründe genug, daß sich nach Protesten in der Türkei auch hierzulande verschiedene Organisationen gegen dieses Mammutprojekt aussprechen. Hintergrund: Dem Auswärtigen Amt liegt nach Angaben von YXK ein Antrag der an diesem Vorhaben in einem internationalen Konsortium beteiligten Firma Sulzer vor, die mit Hermes-Bürgschaften des Bundes Großinvestitionen in dieses Staudammprojekt absichern lassen will. Ein Diskussionsschwerpunkt der Veranstaltung in Münster wird der Ilisu-Staudamm sein, der Bestandteil des umfangreichen GAP-Projekts ist. Im Rahmen dieses Projekts sollen die Flüsse Euphrat und Tigris, die durch kurdisches Gebiet fließen, mit über 20 riesigen Dämmen gestaut werden. Durch die von dem Ilisu-Staudamm zurückgehaltenen Wassermassen würde das historische Hasankeyf, eine der ältesten Städte der Erde, von der Landkarte komplett verschwinden. Archäologenteams versuchen bei fieberhaften Grabungen zu retten, was zu retten ist. Außerdem bedeutet die Umsetzung des Projekts eine Zwangsumsiedelung mehrerer zehntausend Bewohner des überwiegend von Kurden besiedelten Gebietes. Auch aus geostrategischen Gründen sei das Projekt ein heikles Vorhaben, so die sich nun zu Wort meldenden Kritiker von YXK: »Die politischen Konflikte um die >Waffe< Wasser werden sich zwangsläufig verstärken«. Tatsächlich wäre die Türkei künftig in der Lage, »mit dem Finger am Wasserhahn« sowohl Irak als auch Syrien erheblich unter Druck zu setzen. Aus diesem Grund sei eine Kampagne ins Leben gerufen worden, zu der eine bundesweite Unterschriftenaktion und Veranstaltungsreihen an mehreren Universitäten in Deutschland gehören. Zeitgleich mit der Veranstaltung in Münster wird die Bevölkerung in Hasankeyf ein Kulturfestival durchführen, um ihren Protest gegen diesen Damm zum Ausdruck bringen zu können. Zu den deutschen Trägerorganisationen der Kampagne gehören WEED (Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung e.V.), NABU (Naturschutzbund), medico international, APPELL VON HANNOVER und der Verband der StudentInnen aus Kurdistan (YXK). Thomas Klein *** Termin: Sonnabend, 16 Uhr, Aula der Uni Münster, Scharnhorststr. 100
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