taz Bremen 8.6.2000 KonfirmandInnen erhalten Preis für Solidarität mit Illegalisierten Heute vergibt der Senat die Preise im Jugendwettbewerb "Dem Hass keine Chance". Der gemeinsame Sonderpreis von evangelischer und katholischer Kirche geht an eine Konfirmandengruppe der Immanuel-Gemeinde in Walle. Die Jugendlichen hatten einen experimentellen Gottesdienst zum Thema "einmischen" gestaltet. Darin hatten sie die Gläubigen aufgefordert, Grußkarten an die kurdische Familie C. zu schreiben, die aus Angst vor Abschiebung untergetaucht war. Die Karten wurden der Familie zusammen mit der Gottesdienst-Kollekte übermittelt. Die Familie C. hatte 1995 in ers-ter Instanz Asyl erhalten. Doch der Mann wurde wegen Rauschgifthandels inhaftiert, die Familie verlor in der Berufung auch den Asylstatus. Perihan C. mit ihren drei Kindern sollte in die Türkei zurückkehren. Da alle familiären Bande längst gekappt waren, sah sie dort keine Überlebensmöglichkeit und tauchte in Bremen unter. In der Illegalität beschloss sie, sich von ihrem inhaftierten Mann zu trennen. Eine Anwältin reichte die Scheidung ein, aber ein formaler Antrag kann nur mit gültiger Meldeadresse gestellt werden. Erst als Perihan C. eigens eine vierwöchige Duldung erhielt, konnte sie die Scheidung beantragen. Danach hätte ihr nach Bremer Rechtsprechung eigentlich Abschiebeschutz zugestanden: Allein erziehende junge Mütter werden nicht in die Türkei abgeschoben. Aber die zuständige Verwaltungsrichterin zweifelte die Scheidungsabsicht an. Sie wertete die Scheidungsabsicht als Trick der Eheleute, um die Abschiebung zu verhindern, und ging davon aus, Perihan C. könne bei ihren Schwiegereltern in Kurdistan unterkommen. "Nach der Scheinehe soll hier das Konzept einer Scheinscheidung in die Asylrechtsprechung eingeführt werden", kritisiert aus diesem Grund Immanuel-Pastor Rolf Sänger-Diestelmeier. Zwei Eilanträge auf Abschiebeschutz wurden abgelehnt, dem dritten dagegen in der vergangenen Woche überraschend stattgegeben. Die akute Abschiebe-Drohung ist damit für Perihan C. erstmal vom Tisch. Und die Konfirmanden müssen während der heutigen Preisverleihung keinen Appell für ihre Schützlinge vortragen, wie sie sich eigentlich vorgenommen hatten. Das Preisgeld wollen sie trotzdem mit Familie C. teilen. not
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