Neue Zürcher Zeitung (CH), 09.06.2000 Misstöne zwischen Teheran und Ankara Katalog türkischer Beschuldigungen gegenüber Iran Der türkische Präsident Sezer hat eine offizielle Einladung nach Iran abgelehnt und damit zu einer Verschärfung der schwelenden Krise zwischen den beiden Nachbarstaaten beigetragen. Seit Mitte Mai beschuldigt die Türkei das iranische Regime, an der Ermordung von sechs prominenten türkischen Intellektuellen beteiligt gewesen zu sein. it. Istanbul, 8. Juni Der türkische Präsident, Ahmet Necdet Sezer, hat am Mittwoch eine Einladung seines iranischen Amtskollegen, an der jährlichen Konferenz der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (ECO) teilzunehmen, abgelehnt. Das ausgelastete Arbeitsprogramm erlaube dem Präsidenten einen Besuch in Teheran nicht, hiess es im türkischen Aussenministerium. Die Ablehnung brüskierte Teheran und löste in den politischen Kreisen Ankaras Verlegenheit aus. Die ECO wurde auf Initiative der Türkei, Pakistans und Irans gegründet und hat nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion mit der Mitgliedschaft der jungen, muslimischen Republiken Zentralasiens an Bedeutung gewonnen. Dieses Forum haben im letzten Jahrzehnt auch iranische und türkische Präsidenten dazu benützt, ihren Kampf um Einfluss und Macht in Zentralasien auszutragen. Türkische Kolumnisten stellten nun die Frage, ob die präsidiale Ablehnung sich nicht gegen türkische Interessen richte. Die Ablehnung zu diesem Zeitpunkt drohe die gärende Krise zwischen Teheran und Ankara noch zu verschärfen. Geheimdienstliche Tätigkeiten Seit Mitte Mai hat dieser Konflikt aber eine neue Dimension erreicht. Teheran wird beschuldigt, in Verbindung mit der Ermordung von sechs prominenten türkischen Intellektuellen zu stehen. Der Journalist Ugur Mumcu, der den wachsenden Einfluss der islamistischen Bewegung in der Türkei angeprangert hatte, kam 1993 bei einem Bombenattentat ums Leben. Dann folgte die Ermordung von zwei Universitätsdozenten und drei weiteren Journalisten. Sie alle hatten sich im Kampf gegen den politischen Islam öffentlich exponiert. Vor zwei Wochen gelang es angeblich der türkischen Polizei, die Täter zu fassen. Sie sollen ausgesagt haben, dass die Morde in Teheran geplant worden waren. Das iranische Regime benehme sich feindlich gegenüber der Türkei und unterstütze die kurdische Arbeiterpartei sowie die Fanatiker des islamistischen Hizbullah, erklärte der türkische Ministerpräsident Ecevit. Der Innenminister Tantan plädierte für die Einführung der Visumspflicht für iranische Bürger und für weitere, nicht näher definierte Sanktionen. Ein wichtiger Handelspartner
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