junge Welt, 09.06.2000 Klage gegen Clinton und Co. Tribunal in New York: Ex-Minister Clark wirft USA und NATO Kriegsverbrechen in Jugoslawien vor In der vergangenen Woche verkündete das UN- Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag durch die Chefanklägerin Carla del Ponte, es werde keine Anklage gegen die NATO-Staaten wegen deren Kriegsverbrechen in Jugoslawien erhoben. Del Ponte sehe keine ausreichende Grundlage für nähere Ermittlungen. Die Anklage wurde von verschiedenen Gruppen von Juristen aus Kanada, Griechenland, Frankreich, Rußland, Jugoslawien und den USA vor das Gericht in Den Haag gebracht. Die Anklagepunkte bezogen sich auf von der NATO begangene Verbrechen wie den Einsatz von international geächteten Waffen wie Streubomben (clusterbombs), die unter anderem auf ein Krankenhaus im südserbischen Nis abgeworfen wurden, sowie den Einsatz von Munition mit abgereichertem Uran. Ebenso sollen die NATO-Verantwortlichen für die Bombadierung einer serbischen Fernsehstation, eines Personenzuges und eines Flüchtlingskonvois und der damit einhergegangenen Ermordung von Zivilisten zur Rechenschaft gezogen werden. Die Entscheidung aus Den Haag zeige die enorme Bedeutung, die den von der Friedensbewegung weltweit eingeleiteten »Volkstribunalen« beizumessen ist, so Sara Flounders vom International Action Center (IAC) in den USA. Nur so könne die Wahrheit über die Kriegsverbrechen der NATO ans Licht kommen und in die Geschicht eingehen. Am Samstag findet die abschließende Runde des im Juli 1999 vom IAC ins Leben gerufenen »Internationalen Tribunals über US/NATO-Kriegsverbrechen in Jugoslawien« statt. Am vergangenen Wochenende trat in Berlin das Europäische Volkstribunal zusammen. Das Urteil am Tag nach der Del- Ponte-Feststellung, keine Ermittlungen gegen die NATO einzuleiten: »Schuldig im Sinne der Anklage«. Prof. Michael Mandel, ein Mitankläger aus Kanada, zeigt sich wenig überrascht vom Haager Beschluß. »Das Internationale Verbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien ist eine korrupte Institution.« Gegenüber junge Welt forderte er die Schließung des Haager Gerichtes. Es sei besser, kein Gericht zu haben als dieses. Del Ponte solle sich für einen Job im Pentagon bewerben. Die NATO habe jedes der vorgebrachten Kriegsverbrechen vor den Augen der Weltöffentlichkeit begangen, und jede Stellungnahme von NATO-Sprecher Jamie Shea sei ein Schuldbekenntnis, so Prof. Mandel. Ein interner Bericht der US-Air Force, der kürzlich vom Newsweek Magazine veröffentlicht wurde, zeigt zweifellos, daß die Meldungen der NATO ständig voller Lügen waren. Demnach wurden statt der von der NATO angegebenen 744 militärischen Zielen nur 58 getroffen. Damit stelle sich dringend die Frage nach den statt dessen getroffenen Zielen, so Flounders vom IAC. Die Angriffe auf Hunderte von Schulen, Krankenhäuser und Brücken, die Ermordung von Zivilisten werden offenbar vom Haager UN-Gericht nicht als beachtenswert empfunden. Die Aufgabe, diese Verbrechen an der jugoslawischen Bevölkerung anzuklagen, die Wahrheit aufzudecken, bleibt en »Volkstribunalen« überlassen. Das New Yorker Tribunal wird sich am Samstag mit Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch die NATO befassen. Der Bruch von internationalen Gesetzen und Verträgen wird Gegenstand der Verhandlung sein. Dazu gehören Themen wie die Bombardierung ziviler Objekte und das Verursachen erheblicher ökologischer Schäden. Für die Organisatoren ist es wichtig, den Themenkomplex »Medienlügen und Kriegspropaganda« mit einzubeziehen. Auch wird auf dem Tribunal Bilanz gezogen über die Situation in Jugoslawien und insbesondere im Kosovo ein Jahr nach dem Beginn der Besetzung durch die NATO-Staaten. Es werden Teilnehmer aus 18 Ländern erwartet, darunter auch Regierungsvertreter aus Irak, Jugoslawien und Kuba. Klage gegen die NATO und die US-Regierung führt der ehemalige US-Justizminister Ramsey Clark. Das Volkstribunal soll im Sinne der Veranstalter Beginn einer weltweiten Kampagne zur Abschaffung der NATO sein: »Abolish NATO now!« Cathrin Schütz, New York *** Internet: www.iacenter.org
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