Badische Zeitung, 14.6.2000 Eine Million Syrer, sowie Könige und Präsidenten aus 70 Staaten haben dem syrischen Staatschef Assad die letzte Ehre erwiesen Trauer um den Löwen von Damaskus Von unserem Korrespondenten Michael Wrase LIMASSOL. Arabische Staatschefs und westliche Spitzenpolitiker haben im Damaszener Palast des Volkes dem verstorbenen syrischen Präsidenten Hafes el Assad die letzte Ehre erwiesen. Mit ihrer Präsenz signalisierten sie auch dem designierten Nachfolger, Baschar el Assad, ihre Unterstützung. Angeführt wurde die arabische Trauergemeinde von Hosni Mubarak. Der ägyptische Präsident war das letzte arabische Staatsoberhaupt, mit dem Assad vor seinem Tod zusammentraf und der erste Araber, der Baschar el Assad in einem Telegramm seine "vorbehaltslose Unterstützung" versichert hatte. Mubarak sieht sich als Vermittler zwischen Israel und Syrien, dürfte sich aber im Klaren darüber sein, dass Baschar el Assad erst nach der Konsolidierung seiner Macht über eine Fortsetzung der seit Monaten unterbrochenen Friedensgespräche nachdenken wird. Im Airbus des ägyptischen Präsidenten war auch Arafat nach Damaskus gekommen. Der kranke Palästinenser war in dem Augen von Assad wegen seines Separatfriedens mit Israel ein Verräter und stand bis Anfang der 90er-Jahre auf der Todesliste des syrischen Geheimdienstes. In den vergangenen Jahren hatte sich das Verhältnis zwar etwas entspannt. Dennoch ließ es sich das syrische Protokoll nicht nehmen, Arafat der Trauergemeinde als Vorsitzenden der PLO anzukündigen. Die palästinensische Autonomiebehörde wird von der syrischen Führung nicht anerkannt. Geradezu herzlich sind dagegen Syriens Beziehungen mit Jordanien. Der junge jordanischen König Abdullah ist mit Baschar el Assad seit Jahren befreundet. Beide haben im Westen studiert und sind nun mit ähnlichen Problemen konfrontiert: Die Modernisierung der Wirtschaft und die Bekämpfung von alteingesessenen und korrupten Seilschaften, welche sich gegen jegliche Neuerungen sträuben. Nicht nur gute Worte, sondern womöglich auch viel Geld für seine "technische Revolution" kann Baschar el Assad von den meisten Golfstaaten erwarten. Der kuwaitische Emir, Scheich Jaber el Sabah, will "niemals vergessen", dass 25'000 syrische Soldaten für die Befreiung gekämpft haben. Der saudische Kronzprinz Abdallah ist mit einer Assad-Tochter verheiratet und gilt als bester Freund des Regimes. Vom irakischen Staatschef Saddam Hussein, der nicht nur aus Sicherheitsgründen der Trauerfeier fern blieb, kann man dies nicht behaupten: Nach dem Beginn des ersten Golfkrieges brach Syrien die Beziehungen mit Bagdad ab und unterstützte den iranischen Gegner. Die "strategische Allianz" zwischen Damaskus und Teheran wurde gestern von Staatspräsident Mohammed Khatami noch einmal bekräftigt. Die vom türkischen Staatsoberhaupt Szeser angeführte Delegation ist nach dem von Hafes el Assad angeordneten Landesverweis von PKK-Führer Öcalan am Ausbau gut nachbarlicher Beziehungen interessiert. Das einzige europäische Staatsoberhaupt am Grab von Hafes el Assad war Jasques Chirac. Der Franzose hatte Baschar el Assad bereits vor einigen Monaten in Paris empfangen und will den jungen Syrer bei der Modernisierung seines Landes helfen. Alcatel soll, wie bereits im Libanon, ein landesweites Mobilfunknetz aufbauen, Elf Atlantique die syrischen Gasvorkommen ausbeuten. Auch Deutschland, das von Außenminister Fischer vertreten wurde, bietet Syrien technische Hilfe an. Die amerikanische Regierung, die Außenministerin Madleine Albright nach Damaskus schickte, will dagegen erst nach einem syrischen Friedensschluss mit Israel das arabische Land unterstützen. Dem Defilee der Staatsgäste aus 70 Ländern war eine emotionsgeladene Trauerprozession am Damaszener Omayyadenplatz vorausgegangen. Hunderttausende säumten die Straßen, an denen der Lafettenwagen mit dem Sarg Assads vorbeifuhr. Die Sicherheitskräfte hatten große Mühe, die teilweise hysterische Menge vom Trauerzug fern zu halten. Auch in Assads Heimatdorf Kardaha in den alawitischen Bergen, wo der "Löwe von Damaskus" seine letzte Ruhestätte finden wird, waren hunderttausend Menschen gekommen, um von ihren Präsidenten Abschied zu nehmen.
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