taz 19.6.2000 Mit Erfolgsimage Werbeprofi Bülent Tulay über türkischen Humor, religiöse Fallstricke und den Aspekt Respekt bei der Ansprache Bülent Tulay: Ethnomarketing ist nichts anderes als Marketing für eine bestimmte Zielgruppe, die sich ganz spezielle Medienlandschaften geschaffen hat. In meinem Fall sind es die Türken. Warum sind diese Kunden besonders interessant für Unternehmen? Die türkische Zielgruppe ist interessant für bestimmte Produkte. Die türkischen Haushalte verbrauchen zum Beispiel wesentlich mehr Strom, und sie telefonieren fast doppelt so viel wie deutsche Haushalte. Werden diese Kunden nicht durch die deutschsprachigen Kampagnen angesprochen? Drei Viertel der Türken wollen auf Türkisch angesprochen werden, das belegen Marktstudien. Man muß Wertvorstellungen und religiöse Erwartungen der Türken berücksichtigen und den Auftritt danach gestalten. Marketing für Türken in Deutschland ist also konservativer? Während die türkischen Spots in der Türkei durchaus internationales Niveau haben - inhaltlich, bildlich und sprachlich -, können wir uns so etwas hier in Deutschland nicht leisten. Hier überwiegt der Aspekt Respekt. Bilder, die karikieren, Bilder, die sich selbst veräppelnd produziert sind, damit sind wir in Deutschland vorsichtiger. Trotzdem sind die Ethnokampagnen alles andere als humorlos . . . Die Sprache ist durchaus ironisch, zum Teil sarkastisch. Aber das gibt es immer nur innerhalb der Community. Was nicht geht, ist, dass sich jemand von außen lustig macht über die Türken. Das funktioniert nach dem Motto "Wenn sich einer lustig macht über mich, dann bin ich das selbst". In welchen Bildern will die türkische Minderheit sich dargestellt sehen? Auf keinen Fall in den Klischeebildern vom Straßenkehrer oder Gemüsehändler. Die türkische Minderheit ist stolz darauf, dass sie Akademiker hervorgebracht hat. Dass bekannte Persönlichkeiten der Community für die deutsche Gesellschaft arbeiten. Und eines muß man auch berücksichtigen: Die Türken tun seit 40 Jahren sehr viel für dieses Land, und das wollen sie allmählich honoriert wissen. Der türkische Kunde sieht sich als Erfolgsmensch. Als einer, der sich hier eingelebt hat. Der zum Wohlstand dieses Landes beiträgt. Der in allen beruflichen Bereichen dieses Landes erfolgreich mitspielt. Und insofern können wir die Türken Deutschlands nicht mehr vergleichen mit einer Minderheit, die auf der Verliererstraße ist. INTERVIEW: ULRICH NOLLER
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