web.de, 20.06.2000 20:44 Festnahme in den Niederlanden wegen 58 toter Flüchtlinge Britische Polizei fürchtet um Sicherheit der beiden Überlebenden - Frankreich will schärfer gegen Menschenhandel vorgehen Amsterdam/London (AP) Im Zusammenhang mit dem grausamen Tod von 58 chinesischen Flüchtlingen hat die niederländische Polizei einen Verdächtigen festgenommen, wie am Dienstag mitgeteilt wurde. Die Festnahmne folgte der Durchsuchung von drei Gebäuden am Montag in Rotterdam. In einer Erklärung des Justizministeriums hieß es, der Festgenommene sei ein Einwohner der Stadt; Einzelheiten wurden nicht mitgeteilt. Die Polizei wollte auch nicht sagen, ob es sich um den gesuchten Eigentümer der Spedition, Arie van der Spek, handelt. Dieser war am Montag abgetaucht, nachdem ein britischer Zollbeamter die 58 Leichen im Laderaum eines niederländischen Lastwagens in Dover entdeckt hatte. Die Zeitung «De Telegraaf» berichtete, dass van der Spek der Polizei bereits wegen früherer Straftaten bekannt sei. Laut der niederländischen Polizei hatte der 24-Jährige die Speditionsfirma erst am 15. Juni bei der Handelskammer angemeldet, allerdings mit falscher Telefonnummer und falscher Postanschrift. Die britische Polizei ist unterdessen um die Sicherheit der beiden überlebenden Flüchtlinge besorgt. Nach Ansicht der Ermittler besteht die Gefahr, dass Schleuserbanden sie zum Schweigen bringen wollen, wie die britische Inlandsagentur PA am Dienstag berichtete. Die zwei Männer, die in der Nacht zum Montag zusammen mit 58 vermutlich erstickten Flüchtlingen aus China im Laderaum eines Tomaten-Transporters entdeckt wurden, sollten so bald wie möglich befragt werden. Sie werden in Krankenhäusern der Region behandelt und von Sicherheitskräften bewacht. Ein Krankenhausmitarbeiter berichtete, die beiden Männer hätten bereits einem Übersetzer von ihrem traumatischen Erlebnis erzählt. Sie seien über Leichen gestolpert und hätten an der Ladetür gerüttelt. Ihr verzweifeltes Rufen habe aber offenbar niemand gehört. Als die Tür schließlich geöffnet wurde, sei dies eine wahre Erlösung gewesen, habe einer der Überlebenden berichtet. Die Toten stammten offenbar aus dem Süden Chinas. Ein chinesischer Anwalt in London teilte am Dienstag mit, Angehörige dreier Opfer hätten Kontakt zu ihm aufgenommen. Diese seien aber selbst illegal eingereist und wollten sich deshalb nicht bei den Behörden melden. Das chinesische Außenministerium nahm Verbindung mit den britischen Behörden auf. Frankreich will schärfer gegen Menschenhandel vorgehen Unter dem Eindruck des Flüchtlingsdramas kündigte Frankreich am Dienstag neue Initiativen auf EU-Ebene gegen Menschenhändler und Schleuser an. Ministerpräsident Lionel Jospin erklärte auf dem EU-Gipfel in Santa Maria da Feira in Portugal, dass Innenminister Jean-Pierre Chevenement im Juli seine EU-Kollegen zu einem Treffen einladen werde, um darüber zu sprechen, wie die Harmonisierung des Asyl- und Einwanderungsrechts innerhalb der Europäischen Union schneller umgesetzt werden könne.
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