web de 22.06.2000 01:00 Koalitionskrise in Israel schlägt immer höhere Wellen Auch Meretz-Minister reichen Rücktritt ein Jerusalem (AP) Die Koalitionskrise in Israel schlägt immer höhere Wellen: Nach der ultraorthodoxen Schas-Partei reichten am Mittwoch auch die Minister der linksgerichteten Meretz-Partei ihren Rücktritt ein. Ministerpräsident Ehud Barak bedauerte in einer Erklärung diesen Schritt. Die Meretz-Partei, die für weit reichende Zugständnisse an die Palästinenser im Zuge eines Friedensabkommens eintritt, kündigte an, im Parlament aber weiter für Barak stimmen zu wollen. Der Vorsitzende von Meretz, Bildungsminister Jossi Sarid, erklärte das Manöver seiner Partei damit, nun müsse Schas entscheiden, ob sie wieder in die Regierung zurückkehren und den Friedensprozess unterstützen wolle. Der Rücktritt der Meretz-Minister tritt erst am Freitagabend in Kraft, der Rücktritt der Schas-Minister bereits am (heutigen) Donnerstag. Sollte Schas nicht wieder in die Regierung zurückkehren, bliebe Meretz Zeit, wieder ins Kabinett einzuziehen. Sarid hatte den Parteiführer von Schas, Eli Ischai, am Mittwoch in einer Parlamentsdebatte als Lügner bezeichnet. Ischai wiederum warf dem Meretz-Vorsitzenden Rassismus vor, der die vornehmlich aus orientalischen Juden bestehende Anhängerschaft von Schas als «Parasiten» betrachte. Schas hat die jüngste Koalitionskrise nach Einschätzung von Beobachter heraufbeschworen, um Barak dazu zu zwingen, mehr Gelder für das marode Schulsystem der Ultraorthodoxen zu bewilligen. Schas hatte in der Vergangenheit schon des öfteren einen Austritt aus der Regierungskoalition angekündigt, die Drohung aber nicht wahr gemacht. Nach einem Ausscheiden der Minister müsste Barak zwischen Neuwahlen, der Suche nach neuen Koalitionspartnern oder der Bildung einer Minderheitsregierung entscheiden. Für die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern wären Neuwahlen jedoch ein herber Rückschlag, da der festgelegte Zeitplan durch monatelangen Wahlkampf nicht einzuhalten wäre. Schas ist im Parlament mit 17 Abgeordneten drittstärkste Kraft nach Baraks Bündnis Ein Israel (26 Mandate) und dem oppositionellen Likud-Block (19). Vor zwei Wochen hatten sich Schas und zwei kleinere Parteien der Regierungskoalition in der Knesset dem Antrag des oppositionellen Likud-Blocks angeschlossen und für vorgezogene Neuwahlen gestimmt.
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