web.de, 22.06.2000 17:21

Merz will Asylrecht durch institutionelle Garantie ersetzen

Zusammensetzung der Zuwanderer problematisch - Diskussionspapier über Einwanderung vorgelegt

Berlin (AP)

In der neu entfachten Einwanderungsdiskussion innerhalb der Union hat Fraktionschef Friedrich Merz dafür plädiert, das Grundrecht auf Asyl durch eine institutionelle Garantie zu ersetzen. Politisch Verfolgten würde auf diese Weise auch in Zukunft Asyl gewährt, Menschen ohne Asylgrund könnten schneller abgeschoben werden, sagte der CDU-Politiker der «Magdeburger Volksstimme» (Freitagsausgabe).

Merz nannte die Zusammensetzung der nach Deutschland kommenden Zuwanderer problematisch: «Menschen, die wir dringend brauchen, können wir zum Teil nicht gewinnen. Andere, die uns brauchen, sind nach wie vor in großer Zahl hier.» Der Koalition warf Merz vor, Angst «vor den Linken in den eigenen Reihen» zu haben, die offenbar das Thema nicht nüchtern und sachlich behandeln wollten. Es sei an der Zeit, eine Debatte zu führen und die Lösung dieser Probleme nicht von Wahlterminen abhängig zu machen.

Ein im Auftrag von Merz ausgearbeitetes Diskussionspapier soll als Grundlage für eine breite Einwanderungsdebatte innerhalb der Union dienen. In dem Papier tritt Fraktionsvize Wolfgang Bosbach für Änderungen beim Asylverfahrensrecht ein, aber auch für ein umfassendes Integrationskonzept und eine erleichterte Einwanderung ausländischer Fachkräfte.

John fordert Verkürzung der Asylverfahren

Die Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John äußerte sich indessen im InfoRadio Berlin-Brandenburg positiv über das Diskussionspapier. Des weiteren forderte die CDU-Politikerin eine Verkürzung der Asylverfahren und eine Arbeitserlaubnis auch für Flüchtlinge und Menschen ohne berufliche Qualifikation. Auch der Interkulturelle Rat in Deutschland zeigte sich erfreut über eine Neuorientierung der Einwanderungsdiskussion von CDU und CSU. Es sei erfreulich, dass die Union die Zeichen der Zeit endlich erkannt habe, hieß es in einer Erklärung.

Erstmals räumt die CDU in dem Bosbach-Papier ein, «dass Zuwanderung für das Aufnahmeland (...) nicht nur Belastung, sondern auch Bereicherung bedeuten kann». Anstelle der Formel, Deutschland sei kein Einwanderungsland, heißt es nun, die Bundesrepublik sei «kein klassisches Einwanderungsland wie z.B. die USA, Kanada oder Australien».

«Wer 'die Besten' gewinnen will, muss sie - und ihre Familien - mit offenen Armen und ohne Ressentiments aufnehmen und ihnen in der Bundesrepublik eine dauerhafte, attraktive Arbeits-, aber auch Lebensperspektive bieten», heißt es darin. Bei der Steuerung der Zuwanderung müssten aber zunächst die legitimen wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Interessen des Aufnahmelandes beachtet und genügend qualifizierte Integrationsangebote zur Verfügung gestellt werden.

«Wir wollen nicht mehr, sondern weniger Zuwanderung», betonte CSU-Landesgruppenchef Michael Glos. Erwünscht seien Leute, deren Anwesenheit auf deutschem Boden im deutschen Interesse sei, nicht diejenigen, die großzügige Sozialleistungen in Anspruch nehmen wollten.

Unabhängig von der aktuellen Diskussion über eine Neuorientierung in der Einwanderungspolitik hat der FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt an seine Initiative für ein fraktionsübergreifendes Gespräch zu diesem Thema erinnert.

(www.cdu.de)