Frankfurter Rundschau, 24.06.2000 Türkei ANKARA, 23. Juni (afp/dpa). Die türkische Regierungskoalition hat am späten Donnerstagabend eine schwere Belastungsprobe überstanden. Das Parlament in Ankara lehnte es mit 216 zu 172 Stimmen ab, dem früheren Regierungschef und derzeitigen Koalitionspolitiker Mesut Yilmaz wegen Korruption und Amtsmissbrauch vor dem Verfassungsgericht den Prozess zu machen. Ein Untersuchungsausschuss des Parlaments hatte das empfohlen. Da in dem Ausschuss auch die Vertreter der mitregierenden rechtsnationalistischen MHP gegen Yilmaz votiert hatten, war die Koalition in eine Krise geschlittert. Yilmaz soll in ein illegales Grundstücksgeschäft verwickelt sein. Die MHP hatte gegen den Ex-Ministerpräsidenten Position bezogen, weil sie damit ihren eigenen Einsatz für Rechtsstaatlichkeit und gegen Korruption dokumentieren wollte. Die Mutterlandspartei von Yilmaz drohte wegen des Abstimmungsverhaltens der MHP im Ausschuss mit einem Ende der Koalition. Beim Votum im Plenum wurde die für eine Anklage Yilmaz' erforderliche Mehrheit von 276 Stimmen weit verfehlt.
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