junge Welt, 24.06.2000 Kriegt fast jeden Michael Opperskalski: Mossad. Israels Auftragskiller und Geheimagenten. Unrast-Verlag, Münster 1998, 158 Seiten, 24,80 DM Aus Protest gegen die Verschleppung des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan wollten Kurdinnen und Kurden im Februar 1999 das israelische Konsulat in Berlin besetzen. Dieser Versuch kostete vier von ihnen das Leben. Anlaß der Besetzung war die Annahme, der israelische Geheimdienst Mossad sei an dem Kidnapping beteiligt gewesen. In weiten Teilen der Linken gilt diese Vermutung als »völlig unbewiesen«. Nicht nur deshalb lohnt es, sich einmal mit dem israelischen Geheimdienst zu beschäftigen. Beispielsweise mit dem im Unrast-Verlag erschienenen Buch »Mossad« von Michael Opperskalski - spannender zu lesen als jedes Drehbuch zu einem James-Bond-Film. Bereits der Untertitel »Israels Auftragskiller und Geheimagenten« ist vielsagend. Der Autor beschreibt Entstehung und Arbeitsweise des »Mythos Mossad«. Dabei bezieht er sich auf Aussagen ehemaliger Agenten, Geheimpapiere sowie allgemein zugängliches Wissen. Der Mossad beweist, daß er Unmögliches möglich macht: »1973 landete eine Mossad-Kommandoeinheit nachts in Beirut und ermordete zahlreiche PLO-Spitzenfunktionäre; der Mossad entführte bei Nacht und Nebel im französischen Hafen Cherbourg Kriegsschiffe, deren Auslieferung Paris gesperrt hatte, oder er kaperte ein Uran-Schiff, damit Israel seine Atombombe bauen konnte«. Und der Mossad weist nach, daß er fast jeden kriegt, den er haben will. Die geplante Erschießung des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß und die Entführung des Lagerarztes von Auschwitz, Josef Mengele, sind trotz gründlicher Recherchen und langfristiger Planung allerdings gescheitert. Aber in der wohl spektakulärsten Geheimdienstoperation gelang es dem Mossad am 20. Mai 1960, Adolf Eichmann, einen der »Strategen und Organisatoren« der Shoah, aus Argentinien zu entführen. Bei seinen Operationen greift der geheime Nachrichtendienst Israels auf die Unterstützung der USA und anderer NATO-Staaten zurück. Außerdem auf ein weltweites Netz jüdischer Gemeinden, wo Agenten rekrutiert, Nachrichten ermittelt und Aktivitäten geplant und durchgeführt werden. Mit der Türkei verbindet den Mossad eine lange Partnerschaft: Die »berüchtigte Geheimdiensttruppe Counter- Guerilla« wurde von israelischen Agenten aufgebaut. Auch in Afrika ist der Mossad seit langem aktiv. Beispielsweise in Uganda, wo auf dem Flughafen von Entebbe am 10. Februar 1999 um 16 Uhr die Privatmaschine eines türkischen Geschäftsmannes landete, mit der Abdullah Öcalan fünf Tage später aus Nairobi entführt wurde. Auf dem Flughafen Entebbe stürmte ein israelisches Spezialkommando in der Nacht des 3. Juli 1976 ein von palästinensischen Freiheitskämpfern und einigen RAF- Mitgliedern entführtes Linienflugzeug. Diese hatten mit dieser Aktion 53 palästinensische Gefangene aus Knästen der BRD und Israel befreien wollen. Von den Entführern überlebte niemand diese Operation, die für den Mossad fast ein Heimspiel war. Er konnte sich auf »ausgezeichnete Detailkenntnisse des Geländes sowie auf Agenten vor Ort stützen«. Doch nicht nur die Assoziation »Flughafen Entebbe - Mossad« und die Tatsache, daß er auch in Kenia seit langem aktiv ist, legen die Schlußfolgerung der Beteiligung israelischer Agenten an der Verschleppung Öcalans nahe. Bereits am 3. Februar 1999 war eine dreiköpfige Delegation des israelischen Geheimdienstes in Ankara eingetroffen. Zufall - oder auch nicht. Das alles beweist nicht, daß der Mossad tatsächlich beteiligt gewesen ist. Aber die genannten Fakten führen die Aufregung innerhalb der deutschen Linken über die von kurdischer Seite vermutete Beteiligung des Mossad völlig ad absurdum. Birgit Gärtner
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