junge Welt, 28.06.2000 Warum deckt CIA iranischen Terrorismus? Der ehemalige iranische Staatspräsident Abul Hassan Bani Sadr lebt in Paris im Exil. jW sprach mit ihm F: Vor kurzem berichtete der amerikanische Fernsehsender CBS über Ahmed Behbehani, demzufolge der PanAm-Anschlag über dem schottischen Lockerbie auf das Konto des iranischen Geheimdienstes geht. In der Folge entstand einige Verwirrung über die wahre Identität des Iraners. Wer ist Behbehani denn nun wirklich? Die derzeitige Verwirrung hat die CIA verursacht. In der »Washington Post« bezeichnete ein CIA-Beamter Behbehani als einen Hochstapler. Der US-Geheimdienst verbreitet diese Lügen, und es wird behauptet, Behbehani wolle nur Asyl bekommen. Doch seit wann bedienen sich Iraner bei einem Asylgesuch solcher Methoden? Die Desinformation ist Tradition der CIA. Seit dem Putsch gegen Ministerpräsident Mossadegh vor 40 Jahren hat die CIA in bezug auf den Iran nicht ein einziges Mal die Wahrheit gesagt. Nach eigenen Angaben hat die CIA Behbehani zu VAVAK, dem als Ministerium für Information und Landessicherheit institutionalisierten iranischen Geheimdienst, befragt. Doch er hätte dazu nur wenig zu sagen gehabt. Von Beginn an hat Behbehani gesagt, daß er dem VAVAK nicht angehört. Er war im Büro von Präsident Rafsandjani beschäftigt und dort verantwortlich für den Informationsfluß zwischen Rafsandjani und VAVAK. Wenn z. B. jemand im Rat für nationale Sicherheit in den USA tätig ist und er über die CIA befragt wird, kann er dann etwa über dessen gesamte Struktur Auskunft geben? In den Aussagen der CIA gibt es viele Widersprüche. So wird zum einen behauptet, die Identität Behbehanis nicht feststellen zu können. Andererseits will man jedoch genau wissen, daß Behbehani 32 Jahre alt ist. Woher, frage ich mich, weiß die CIA sein genaues Alter? Ein Teil seiner Informationen soll richtig sein. Wie aber kann ein »Hochstapler« richtige Informationen liefern? So wird Behbehani nach Belieben beurteilt: Wo es der CIA paßt, wird er als Hochstapler bezeichnet, an anderer Stelle stimmen seine Informationen auf einmal. F: Wie kam der Kontakt zwischen Ihnen und Behbehani zustande? Er wandte sich zusammen mit Hamid Akbari im Mai an mich. Seinen Angaben zufolge befand er sich bereits seit zwei Monaten in der Türkei, wo er der englischen Botschaft unter anderem Dokumente über Lockerbie übergeben hatte. Dort hatte man ihm versprochen, ihn nach Großbritannien zu bringen. Als ihm bewußt wurde, daß die Briten ihr Versprechen nicht halten würden, wandte er sich an mein Büro in Paris. Wir haben ihm empfohlen, seine Informationen nicht mehr an die Geheimdienste weiterzugeben, da diese nur die ihnen genehmen Mitteilungen annehmen und jene, die ihnen schaden könnten, verwerfen bzw. Behbehani selbst in den Iran zurückschicken oder ihn vernichten könnten. Man verfährt jetzt mit ihm genau so wie damals mit Mesbahi. Wenn wir damals nicht rechtzeitig reagiert und uns eingesetzt hätten, wäre Mesbahi nie zum Mykonos-Prozeß als Zeuge gekommen. F: Zur Demontage Behbehanis behauptet die CIA, dieser sei zum Zeitpunkt des Lockerbie-Anschlages erst 20 Jahre alt gewesen, eine so große Verantwortung hätte daher nicht in seinen Händen liegen können. Der persönliche Berater von Präsident Khatami, Said Hadjarian, der vor einiger Zeit bei einem Attentat schwer verletzt wurde, ist der Begründer von VAVAK. Er war damals ebenfalls in etwa diesem Alter. Weshalb bezweifelt man in seinem Fall nicht, daß sein Alter und seine hohe Position zusammenpaßten? Behbehani behauptet zudem nicht, daß er selbst das Attentat von Lockerbie geplant bzw. verübt hat. Er hat mir lediglich mitgeteilt, daß er über betreffende Informationen verfügt. Der türkische Innenminister hat auf einer Pressekonferenz behauptet, daß der Iran verantwortlich ist für die Ermordung türkischer Intellektueller. Diese Aussage basiert auf den Äußerungen und Informationen Behbehanis. Wenn die Türkei vor der Flucht Behbehanis aus dem Iran über solche Informationen verfügt hätte, warum hätte sie diese nicht auch früher bekanntgeben sollen? Nun soll sogar eine türkische Delegation mit Dokumenten, die die terroristischen Aktivitäten des Irans in der Türkei belegen, nach Teheran fahren. All das zeigt, daß Behbehani keineswegs, wie die CIA behauptet, ein Hochstapler ist, sondern tatsächlich wichtige Dokumente und Informationen besitzt. F: Mit welcher Absicht verbreitet die CIA in dieser Sache dann Unwahrheiten? Der Vermittler zwischen dem Iran und den USA, Amir Ahmadi, berichtete, daß derzeit Gespräche zwischen den USA und beiden Regierungslagern im Iran - also sowohl den Konservativen als auch Khatami - geführt werden, die die Beziehungen beider Staaten betreffen. Sendungen wie jene der CBS über Behbehani können den Verhandlungen schaden. Außerdem wurden Sanktionen gegen Libyen verhängt. Das Land wurde als verdächtigter Drahtzieher des Lockerbie- Attentats bombardiert. Zur Zeit wird in Holland gegen zwei Libyer in dem Fall verhandelt. Die USA können nun nicht plötzlich zugeben, daß Dokumente existieren, die dem widersprechen. Sie müßten eingestehen, die Welt zwölf Jahre lang belogen und falsch informiert zu haben. Es hätte enorme Konsequenzen für die Vereinigten Staaten, wenn sie die Wahrheit über die Geschehnisse um Lockerbie herausgäben. Interview: Maja Zwick, Majid R. Zadeh
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