Frankfurter Rundschau, 30.06.2000 EU-Staaten regeln Waffenexporte Geplanter Vertrag sieht Listen zulässiger Zielländer vor Von Richard Meng Erstmals wollen sechs EU-Staaten mit nennenswerter Rüstungsproduktion die Genehmigungspraxis für Waffenexporte international per Regierungsabkommen regeln. Wie die Frankfurter Rundschau erfuhr, soll der Vertrag ein Konsens-Prinzip bei Exporten enthalten. BERLIN, 29. Juni. Ein von Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und Schweden ausgehandelter Rahmenvertrag für den Umgang mit gemeinsam produzierten Rüstungsgütern soll nach FR-Informationen demnächst im Kabinett vorgelegt und Ende Juli von den Verteidigungsministern unterzeichnet werden. An der Vorbereitung des bisher unveröffentlichten Textes waren auf deutscher Seite auch Vertreter der Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen beteiligt, um einen neuen innenpolitischen Konflikt über die Prinzipien internationaler Rüstungskooperation zu vermeiden. Es gab einige kleinere Textkorrekturen, um die Koalitionsfraktionen einzubinden. In Koalitionskreisen hieß es am Donnerstag, nach genauer Prüfung des Wortlauts sehe man keinen Grund zur Befürchtung, dass die im Frühjahr verschärften deutschen Exportrichtlinien durch die jetzige internationale Absprache wieder ausgehöhlt würden. Offen sei aber, wie weit die Regelung in der Praxis umstrittene Exportprojekte wirklich bremsen kann. In dem Vertragstext, der auch Bestimmungen über Technologieaustausch und Geheimnisweitergabe enthält, wird nach FR-Informationen eine "verpflichtende Zusicherung" der Empfängerländer über den "Endverbleib" der Waffen verlangt. Auch wird festgelegt, dass die sechs EU-Länder beim Export international entwickelter Waffensysteme nur gemeinsam vorgehen. Bisher gab es lediglich eine Pflicht zu Konsultationen, aber kein Konsensverfahren. Jetzt heißt es, für die Weitergabe von "Wehrmaterial und rüstungsbezogenen Dienstleistungen" solle für jedes Waffensystem "einvernehmlich" eine Liste von "zulässigen Bestimmungsorten" festgelegt werden. Jedes Land hat dann weiterhin die Möglichkeit, unter Hinweis auf nationale Richtlinien oder den EU-Exportkodex die Streichung eines Staates von der so genannten "weißen Liste" zu verlangen - bei "einschneidender" Veränderung der Lage im Zielland, zum Beispiel bei Verschlechterung der Menschenrechtssituation. Falls auf Beamtenebene kein Konsens erreicht wird, müssen binnen drei Monaten die Minister entscheiden. Für diese Zeit kann jedes Vertragsland ein Exportmoratorium durchsetzen. Einigen die Minister sich nicht, ist das umstrittene Land automatisch von der Exportliste gestrichen. Offen bleibt aber, ob der neue Mechanismus nicht einen "zusätzlichen Druck auf Konformität" (ein Koalitionspolitiker) erzeugt, weil es außenpolitisch schwierig ist, sich hartnäckig Exportinteressen der anderen Partner zu widersetzen. Aus dem formellen Einstimmigkeits-Prinzip könne so eine "stumpfe Waffe" werden, heißt es in der Koalition, die dem Papier insgesamt aber zustimmt. Ein Land könne "nicht ständig" ein Veto einlegen - zumal anders als in den deutschen Richtlinien das Interesse an einer leistungsfähigen Rüstungsindustrie ausdrücklich im Abkommen festgeschrieben werden soll. |