Main Rheiner,03.07.2000 Nachgefragt: Kirchengemeinde gibt Asyl wis. - Das Tauziehen um die Zukunft der kurdischen Familie Akyüs hält an. Die Familie hat sich vor der Abschiebung in die Türkei aus Angst vor Folter ins Kirchenasyl zu der evangelischen Studentengemeinde in Mainz geflüchtet. Die katholische Gemeinde St. Elisabeth und die evangelische Kreuzkirchengemeinde sind ebenfalls bereit, der Familie Asyl zu gewähren. Nun hat sich diesem Kreis auch die evangelische Albert-Schweitzer-Gemeinde in Biebrich angeschlossen. Dazu Helgard Bohrmann vom Kirchenvorstand. FRAGE: Was hat Sie dazu bewogen, der Familie Akyüs bei Bedarf Kirchenasyl zu gewähren? BOHRMANN: Wir sind seit Jahren in der Flüchtlingsarbeit aktiv, so betreut unsere Gemeinde seit sieben Jahren Asylbewerber. Auch das Thema Kirchenasyl wurde bei uns schon sehr intensiv diskutiert, nicht zuletzt, weil auch unser eigener Küster von der Abschiebung bedroht ist. Er lebt mit seiner fünfköpfigen Familie seit zwölf Jahren in Deutschland, muss als syrischer Christ in seiner Heimat mit Verfolgung rechnen. Dass wir der Familie unseres Küsters Kirchenasyl gewähren würden, sollte tatsächlich die Abschiebung verfügt werden, haben wir dem Leiter der Wiesbadener Ausländerbehörde bereits mitgeteilt. FRAGE: Kirchenasyl - ist das nicht ein Stück ziviler Ungehorsam? BOHRMANN: Sicher. Wie jetzt bei Familie Akyüs stehen sich bei diesem Konflikt Rechtsstaatlichkeit und Gewissensentscheidung gegenüber. Wir sind in dieser Frage der Stimme des Gewissens gefolgt. In der Flüchtlingsarbeit müssen wir über die Jahre feststellen, dass unser deutsches Asylrecht immer mehr zu einem Asylverhinderungsrecht umgebaut worden ist. Viele humanitäre Überlegungen können von diesem veränderten Recht nicht mehr berücksichtigt werden. FRAGE: Welche konkreten Folgen hat die Entscheidung, der Familie Akyüs Asylrecht zu gewähren, für ihre Gemeinde? BOHRMANN: Die konkreten Folgen bestehen darin, dass wir im Bedarfsfall unsere Kirche als "Wohnraum" zur Verfügung stellen und uns natürlich auch um die Versorgung der Familie kümmern müssten. Diese Last trägt derzeit die evangelischen Studentengemeinde in Mainz. Wir bereiten gerade einen Informationsabend zum Thema "Kirchenasyl für Familie Akyüs" vor, der am Donnerstag, 10. August, um 19.30Uhr in unserem Gemeindezentrum beginnt. |