Frankfurter Rundschau, 04.07.2000 Bayern führt eine Blue Card ein CDU-Innenminister wollen mehr "nützliche" Zuwanderer Von Iris Hilberth Bayern will noch im Juli eine so genannte Blue Card (Blaue Karte) für ausländische Computerspezialisten einführen. Sie soll bei Bedarf auf andere Hightech-Bereiche ausgedehnt werden. MÜNCHEN, 3. Juli. Innenminister Günther Beckstein (CSU) sagte am Montag in München, die bayerische Lösung sei im Gegensatz zur Green Card der Bundesregierung flexibler und unbürokratischer. Es sei nicht erforderlich, für sie das Ausländerrecht zu ändern. Sie könne durch eine Verwaltungsanweisung des Innenministeriums an die Ausländerbehörden der Städte und Landkreise eingeführt werden. Entsprechend dem Arbeitsvertrag für den Ausländer würde dann die Aufenthaltsgenehmigung für einen befristeten Zeitraum erteilt; das könne sowohl mehr als auch weniger als fünf Jahre sein. Bei der Green Card ist eine Aufenthaltserlaubnis von fünf Jahren vorgesehen. "Warum sollte man jemandem die Erlaubnis für fünf Jahre erteilen, wenn er nur für ein einjähriges Projekt gebraucht wird", sagte Beckstein. Falls sich herausstelle, dass ein Arbeitnehmer nicht in ein Unternehmen passt, dürfe er nur bleiben, wenn er einen anderen Arbeitsvertrag nachweise. Das bayerische Kabinett will am heutigen Dienstag über das Konzept beschließen. Die Zuwanderung müsse gesteuert und begrenzt werden, sagte Beckstein nach einer Konferenz mit den Innenministern der CDU-geführten Bundesländer. "Wir brauchen weniger, die uns ausnützen, und mehr, die uns nützen." Das sei das Ziel aller Innenminister der unionsregierten Länder. Sie befürworteten eine Bundesratsinitiative von Bayern und Baden-Württemberg, die ein Gesamtkonzept für die Ausländerpolitik fordert. Darin heißt es: "Die Beschäftigung deutscher Arbeitskräfte sowie von Arbeitskräften mit einem gesicherten Aufenthaltsstatus in Deutschland hat Vorrang vor der Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften aus Nicht-EU-Staaten." Auch dürfe die Anwerbung die Gesamtzahl der Zuwanderer nicht erhöhen. Das sei nur durch ein Gesetz zu erreichen, das "gleichzeitig die derzeitige unkontrollierte Zuwanderung verringert und begrenzt". Das Thema Asyl gehöre zum Gesamtkomplex, so Beckstein. Das Konzept von Bayern und Baden-Württemberg fordert, "die Harmonisierung des Asylrechts auf europäischer Ebene mit Nachdruck voranzutreiben und das Asylrecht im Grundgesetz zu ändern und neu zu gestalten". Niemand wolle, dass das Asylrecht gestrichen werde, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach. Aber die Harmonisierung dürfe sich nicht auf Mindeststandards beschränken, "damit wir nicht weiterhin die Magnetwirkung haben". Die bayerischen Grünen bezeichneten Beckstein als Verpackungskünstler. "Wenn Zuwanderung als arbeitsmarktpolitisch sinnvoll und humanitär unabweisbar bezeichnet wird, klingt das gut. Im gleichen Atemzug ist jedoch davon die Rede, das Grundrecht auf Asyl abzuschaffen", kritisierte ihr Landeschef Jerzy Montag. |