web de 03.07.2000 14:50
Spionageprozess gegen Mossad-Agenten in der Schweiz eröffnet
Angeklagter vor Gericht erschienen - Strenge Sicherheitsmaßnahmen
Lausanne (AP)
Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat in der Schweiz am Montag
ein Spionageprozess gegen einen mutmaßlichen Agenten des israelischen
Geheimdienstes Mossad begonnen. Die Identität des Israeli, der
von Polizisten begleitet wurde, bleibt geheim. Das Urteil wird für
den kommenden Freitag erwartet.
Die Schweizer Bundesanwaltschaft wirft dem Mann im Zusammenhang mit
einer missglückten Abhöraktion vom Februar 1998 gegen einen
in der Schweiz eingebürgerten Libanesen in einem Vorort Berns verbotene
Handlungen für einen fremden Staat, politischen Nachrichtendienst
sowie wiederholten Gebrauch verfälschter ausländischer Ausweise
vor. Der Mann ist teilweise geständig und sagte aus, im Auftrag
seines Arbeitgebers Mossad gehandelt zu haben. Er gab außerdem
zu, dass die fünf bei der Abhöraktion in der Nacht zum 19.
Februar 1998 direkt beteiligten Mossad-Agenten von einem - ihm unbekannten
Mann - von Bern aus geführt worden sein. Dieser Mann war von der
Berner Polizei auch nie angehalten worden. Die anderen vier Agenten,
darunter zwei Frauen, wurden noch vor dem Einschalten der Bundesanwaltschaft
von der Berner Kantonspolizei wieder entlassen und konnten sich dem
Zugriff der Schweizer Justiz entziehen.
Der Angeklagte benutzte für die Einreise in die Schweiz israelische
Pässe auf die Namen Isaac Bental und Jacob Track. Wie der Präsident
des Bundesstrafgerichts in Lausanne, Hans Wiprächtiger, vor Prozessbeginn
sagte, respektiert das Gericht in einer Konzession an die israelischen
Sicherheitsbedürfnisse, dass der Angeklagte seine wahre Identität
nicht enthüllen muss. Er war nach gut zweimonatiger Untersuchungshaft
am 24. April 1998 gegen Bezahlung von drei Millionen Franken Kaution
(knapp vier Millionen Mark) durch den Staat Israel auf freien Fuß
gekommen und konnte in seine Heimat ausreisen.
Anklage verweist auf politische Dimension des Falls
Die Bundesanwaltschaft stuft den Angeklagten als Mittäter und nicht
nur als Gehilfen ein. Strafrechtlich stehen laut Anklage Artikel 271
und 272 des Strafgesetzbuchs - verbotene Handlungen für einen fremden
Staat sowie politischer Nachrichtendienst - im Vordergrund. Spionage
kann in schweren Fällen mit bis zu 20 Jahren Zuchthaus bestraft
werden, doch gehen Beobachter von einem leichten Fall und möglicherweise
einer Haftstrafe auf Bewährung aus. Die Bundesanwaltschaft verweist
in ihrem Bericht aber auf die politische Dimension des Falls: «Die
größere Bedeutung der illegalen Abhöraktion des Mossad
ist im unakzeptablen Vorgehen des israelischen Staates gegenüber
der Schweiz als ein so genannter befreundeter Staat und die damit verbundene
Beeinträchtigung beziehungsweise Gefährdung der äußeren
Sicherheit der Schweiz zu sehen», heißt es.
Die Affäre hatte die Beziehungen zwischen der Schweiz und Israel
nachhaltig belastet. Erst nach mehrfachen diplomatischen Interventionen
rang sich Israel zu einer Quasi-Entschuldigung durch. Der fehl geschlagene
Lauschangriff trug auch zum Rücktritt des damaligen israelischen
Geheimdienstchefs Danni Jaton bei.
|