web de 03.07.2000 14:33
Bayern führt Blaue Karte ein
CDU-Innenminister begrüßen Alternative zur Green Card
- Flexibler bei Aufenthaltsfristen, Branchen und Kontingenten
München (AP)
Bayern führt eine Blaue Karte für ausländische High-Tech-Spezialisten
ein, die flexibler als die Green Card den Bedarf an Fachkräften
decken soll. Die Blaue Karte werde auf Grundlage des geltendenden Rechts
noch im Juli eingeführt und vereinfache die Anwerbung von Experten
im Ausland, sagte Innenminister Günther Beckstein am Montag. Die
CDU-Innenminister begrüßten den Schritt als Alternative zur
Green Card, über die der Bundesrat am 14. Juli abschließend
beraten wird.
«Wir alle prüfen, ob wir nicht auch so etwas einführen»,
sagte der Brandenburger Innensenator Schönbohm nach einem Treffen
der CDU/CSU-Innenminister in München. Die Green Card soll bis zu
20.000 Computerexperten einen fünfjährigen Aufenthalt in Deutschland
erlauben. Die Blaue Karte soll bei Aufenthaltsfristen, Branchen und
Kontingenten flexibler sein. Beckstein erklärte, mit der Blauen
Karte könnten Firmen auch in anderen High-Tech-Bereichen, in denen
die Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit einen Arbeitskräftemangel
feststellt, Mitarbeiter «ohne ausländerrechtliche Komplikationen»
anwerben. Dazu müsse kein festes Kontingent festgeschrieben werden.
Ändere sich die Lage am Arbeitsmarkt, könne die Regelung vom
Innenminister jederzeit angepasst werden.
Der Freistaat sichere den ausländischen Spezialisten eine Aufenthaltsgenehmigung
für die Dauer ihres Arbeitsvertrages zu. Firma und Bewerber müssten
also nicht mehr vorab die Genehmigung bei der jeweiligen Ausländerbehörde
einholen. Anders als bei der Green Card würde der Aufenthalt nicht
pauschal auf fünf Jahre angelegt, sagte Beckstein. Firmen könnten
Spezialisten für ein einjähriges Projekt nach Deutschland
holen oder sie länger als fünf Jahre behalten; die Aufenthaltserlaubnis
des Ausländers sei an einen Arbeitsvertrag mit einer Firma geknüpft.
Familiennachzug wäre von Anfang an möglich.
Gesamtlösung für Zuwanderungsfragen gefordert
Einhellig unterstützten die CDU/CSU-Innenminister einen Entschließungsantrag
von Bayern und Baden-Württemberg, die Zuwanderung stärker
zu steuern und dabei auch das Asylrecht zu ändern. Ziel sei, «dass
mehr Leute kommen, die uns nützen, und weniger, die uns ausnützen»,
sagte Beckstein. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
Wolfgang Bosbach, sagte, weder Asyl noch Aussiedler dürften bei
der Suche nach einer umfassenden Regelung der Zuwanderung zu einem Tabu
erklärt werden. Die EU-Staaten hätten sich auf Asylstandards
geeinigt, «nur Deutschland bringt den Laden durcheinander».
Der Berliner Innensenator Eckhard Werthebach forderte verstärkte
Integrations-Anstrengungen nach dem Vorbild der Niederlande. Zuwanderer
sollten verpflichtet werden, Deutsch zu lernen und die Grundwerte der
Verfassung zu lernen, «zum Beispiel über die Gleichstellung
von Mann und Frau». Wenn junge Türken ihre Bräute aus
Anatolien nach Deutschland holten, in der Familie nur türkisch
gesprochen werde und die Kinder dann bis zum 14. Lebensjahr in die Türkei
zurück geschickt würden, sei das Scheitern der Kinder in Schule
und Beruf programmiert. Beckstein sagte, die Regierungs-Kommission unter
dem Vorsitz der CDU-Politikerin Rita Süssmuth werde eine Regelung
der Zuwanderungs-Probleme nur verzögern, weil SPD und Grüne
mit Blick auf die Bundestagswahl 2002 einen Krach über dieses Thema
vermeiden wollten.
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