Hildesheimer Allgemeine Zeitung online, 9.7.2000 "Spiegel": Arbeitserlaubnis für Asylbewerber nach zwölf Monaten Hamburg (dpa) - Das 1997 eingeführte Arbeitsverbot für Asylbewerber wird nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" in Kürze fallen. Künftig sollten Flüchtlinge zwölf Monate nach ihrem Asylantrag arbeiten dürfen. Innen- und Arbeitsministerium, Kanzleramt sowie die Fraktionen von SPD und Grünen stünden hier kurz vor einer Einigung. Den Weg zu einer solchen Regelung habe Innenminister Otto Schily (SPD) geebnet, der zunächst - ebenso wie das Arbeitsministerium - eine zweijährige Wartezeit empfohlen hatte. Wie das Magazin weiter berichtet, will der Brüsseler Justizkommissar Antonio Vitorino im Herbst einen Gesetzentwurf mit Mindestnormen für eine gesteuerte Zuwanderung in die Europäische Union (EU) vorlegen. Neben Asylbewerbern und Bürgerkriegsflüchtlingen soll es künftig Arbeitsimmigranten als eine dritte Gruppe von legalen Zuwanderern geben. Diese müssten über ein Identitätspapier, ein polizeiliches Führungszeugnis und einen Arbeitsvertrag verfügen. Den EU-Mitgliedsstaaten werde freigestellt, ob sie für die Einwanderung Quoten festlegen, oder ob es Einzel-Initiativen wie die deutsche Green Card für Computerexperten gibt. "Die Kommission glaubt, dass eine offenere und transparentere Politik für legale Einwanderung den Druck vom Asylverfahren nimmt, das gegenwärtig den Hauptweg für eine legale Einreise in die Union darstellt", zitiert "Der Spiegel" ein vertrauliches Arbeitspapier des Justizkommissars. In Deutschland ging unterdessen die Diskussion um die Zuwanderung von Ausländern weiter. Der innenpolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, sprach sich im Sender Phoenix für eine gesetzliche Regelung aus: "Wir brauchen eine Zuwanderung mit Augenmaß, aber keine Aufteilung in gute und schlechte Ausländer, wie dies die Union fordert." Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) bekräftigte in der Sendung die Forderung nach einem Zuwanderungs-Begrenzungsgesetz und eine gleichzeitige, konsequente Bekämpfung des Asylmissbrauchs. "Wir brauchen mehr Ausländer, die uns nützen, statt diejenigen, die uns ausnützen", sagte Beckstein. Nach Ansicht des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, hat die aktuelle Einwanderungsdiskussion eine Schieflage. "Menschlichkeit müsste bei der gesamten Debatte um die Zuwanderung unser oberstes Gebot sein und nicht die Überlegung, wie man Menschen aus Deutschland fern halten kann", sagte Spiegel der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Samstag). Auch Leuten, die aus rein wirtschaftlichen Gründen in die reiche Bundesrepublik Deutschland kämen, dürfe man nicht übel nehmen, dass sie ihre Lage verbessern wollten. Mit einem neuen Einwanderungsgesetz möglicherweise das deutsche Grundrecht auf Asyl aushebeln zu wollen, wäre für Spiegel völlig verkehrt. "Die Bereiche Einwanderung und Asyl sollten nicht vermengt werden." Nach Angaben Spiegels haben die jüdischen Gemeinden in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren mehr als 50 000 osteuropäische Juden aufgenommen. Diesen Kontingentflüchtlingen aus den Staaten der früheren Sowjetunion müsse Deutschland weiterhin eine Heimat bieten. Spiegel schätzt, dass in den kommenden drei bis vier Jahren 30 000 bis 40 000 Juden aus den GUS-Staaten in die Bundesrepublik kommen. |