Tagesspiegel, 10.7.2000
Staatsbesuch Chatamis
Iraner an deutschen Grenzen abgewiesen
Heute beginnt die Visite des iranischen Präsidenten. Die Behörden
wollen Störungen verhindern
an
Im Vorfeld des am Montag beginnenden Besuchs des iranischen Präsidenten
Mohammed Chatami sind an den deutschen Grenzen zahlreiche Iraner zurückgewiesen
worden. Bei ihnen habe der Verdacht bestanden, "dass sie sich an
massiven Störaktionen beteiligen wollten", sagte ein Sprecher
des Innenministeriums am Sonntag in Berlin. Er nannte aber keine genauen
Zahlen.
Der Nationale Widerstandsrat Iran erklärte, bereits am Sonnabend
seien etwa 6000 Iraner aus Deutschland und europäischen Nachbarländern
daran gehindert worden, nach Berlin zu reisen. Der Besuch Chatamis,
der nach Berlin und Weimar reisen wird, droht allerdings nicht nur von
oppositionellen Exil-Iranern gestört zu werden, sondern nach "Spiegel"-Informationen
auch von Agenten des Teheraner Geheimdienstes. Nach Angaben der Innenverwaltung
sind für den insgesamt dreitägigen Deutschland-Besuch allein
in Berlin rund 3500 Polizisten im Einsatz. Im staatlichen iranischen
Rundfunk hieß es, "sicherheitsgefährende Zwischenfälle"
würden zu einer Belastung der deutsch-iranischen Beziehungen führen.
Einen Tag nach gewaltsamen Zusammenstößen zwischen oppositionellen
Demonstranten und militanten Anhängern des Mullah-Regimes rief
der Bruder des Präsidenten, Mohammed-Resa Chatami, zur Ruhe auf.
"Wir sollten durch aktiven Frieden und Gewaltlosigkeit den Weg
für Reformen öffnen", sagte der stellvertretende Parlamentspräsident
Chatami.
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