Freie Presse, 10.7.2000 Dutzende Verletzte bei Studentenprotesten in Iran - Milizen jagen Studenten durch die Straßen Am ersten Jahrestag des gewaltsamen Polizeieinsatzes gegen iranische
Studenten sind bei neuen Krawallen in Teheran wieder mehrere dutzend
Menschen verletzt worden. Nach einer friedlichen Kundgebung jagten am
Samstag islamische Milizen und Gegner des reformorientierten Präsidenten
Mohammed Chatami die Studenten durch die Straßen. Laut Augenzeugen
gab es mehrere hundert Festnahmen. Die größte Studentenorganisation
des Landes lehnte jede Verantwortung für die Krawalle ab. Die iranische
Presse gab vom Ausland gesteuerten "Provokateuren" die Schuld.
Der geistliche Führer Ayatollah Chamenei berief am Sonntag führende
konservative und reformorientierte Kräfte zu einem "Versöhnungstreffen"
ein. Daran nahm auch Präsident Chatami teil, der am Montag zu seinem
ersten Deutschland-Besuch in Berlin erwartet wird. Irans größte Studentenbewegung, das "Büro zur Festigung der Einheit", bestritt in einer Presseerklärung eine Verwicklung in die Zusammenstöße. Auf ihre Einladung hin stand am Sonntag in der Teheraner Universität ein "Seminar gegen die Gewalt" auf dem Programm, an dem auch der Reformpolitiker Mohammed-Resa Chatami teilnehmen wollte, der Bruder des Präsidenten. Ayatollah Chamenei berief nach iranischen Fernsehberichten Konservative und Reformpolitiker zu einem "Treffen der Versöhnung und Solidarität" ein. Bei der Zusammenkunft in seiner Residenz in Teheran waren demnach alle führenden Politiker des Landes anwesend, an der Spitze Präsident Chatami. Der Ayatollah hatte in den vergangenen Monaten mehrfach beide Strömungen dazu aufgerufen, sich gegenseitig zu tolerieren. (AFP) |