web de 10.07.2000 11:55 Barak stellt sich Vertrauensvotum Jerusalem (AP) Einen Tag vor dem Nahostgipfel in Camp David hat sich der israelische Ministerpräsident Ehud Barak am Montag drei Misstrauensanträgen im Parlament gestellt. Barak, der eigentlich am Morgen in die USA fliegen wollte, verschob deswegen seine Abreise und wollte am Dienstagmorgen in Washington eintreffen. Er reiste für einen Kurzbesuch nach Ägypten, wo er mit Präsident Husni Mubarak über den Friedensprozess im Nahen Osten sprechen und danach nach Israel zurückkehren wollte. US-Präsident Bill Clinton forderte Israelis und Palästinenser zur Zusammenarbeit auf. Der Vorsitzende der Nationalreligiösen Partei, Bauminister Jitshak Levi, reichte am Montag seinen Rücktritt ein, nachdem am Vortag die ultraorthodoxe Schas-Partei und die Einwandererpartei Israel B'Aliya die Regierungskoalition verlassen hatten. Der Schas-Parteivorsitzende Eli Ischai begründete den Schritt mit Bedenken, Barak könne auf dem Gipfeltreffen zu große Zugeständnisse an die Palästinenser machen. Der Vorsitzende der oppositionellen Likud-Partei forderte Barak auf, nicht nach Camp David zu reisen, weil er die Unterstützung des Landes nicht hinter sich habe. Mitglieder des Parteivorstandes erklärten, Außenminister David Levi, der den Gipfel boykottiert, solle wieder in die Likud-Partei eintreten, die er während der Amtszeit des damaligen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu verlassen hatte. Levi begründete seine Absage mit Zweifeln an den Erfolgsaussichten des Gipfels. Barak dagegen erklärte, er habe sein Mandat nicht vom Parlament, sondern von der Nation erhalten, da er mit großer Mehrheit direkt gewählt worden sei. Er zeigte sich zuversichtlich, dass ein Friedensvertrag in einem Referendum angenommen werde. Es galt als unwahrscheinlich, dass die notwendigen 61 Stimmen für eine Annahme der Misstrauensanträge zusammenkommen könnten. Die gemäßigte Schinui-Partei und die ultraorthodoxe Partei Vereinter Torah-Judaismus mit sechs und fünf Sitzen wollten erst kurz vor der Abstimmung über ihre Haltung gegenüber den Anträgen entscheiden. Schinui hat die Regierung wegen ihrer Zugeständnisse an die ultraorthodoxen Parteien stets kritisiert, Baraks Friedensbemühungen aber unterstützt. Der Premier wollte nach seiner Rückkehr aus Camp David Gespräche mit den gemäßigten Oppositionsparteien aufnehmen und eventuell eine neue Koalition zu bilden. Zu der Möglichkeit eines für ihn negativen Ausgangs der Abstimmung äußerte Barak sich nicht. Die Verfassung sieht für diesen Fall Neuwahlen innerhalb von 90 Tagen vor. Der palästinensische Präsident Jassir Arafat wurde am Montagabend in Washington erwartet. Arafat traf sich am Sonntag zu Beratungsgesprächen mit Mubarak. Volksentscheid in Palästina geplant Ein endgültiges Friedensabkommen mit Israel soll den Palästinensern in einem Referendum zur Zustimmung vorgelegt werden. An diesem Volksentscheid sollten sowohl die Palästinenser in den Autonomiegebieten als auch von außerhalb teilnehmen, sagte der Unterhändler Jassir Abed Rabbo am Sonntag in Ramallah. Rabbo gehört der palästinensischen Delegation für die Verhandlungen in Camp David bei Washington an. "Wir werden alles tun, damit jeder Palästinenser an dieser Entscheidung teilnehmen kann", sagte er.
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