web de 09.07.2000 13:03 Barak reist unter innenpolitischem Druck nach Camp David Scharanski reicht Rücktritt ein - Vorbereitungsgespräche sollen Annäherung herbeiführen - Zwischenfall im Gazastreifen Jerusalem/Washington (AP) Der israelische Ministerpräsident Ehud Barak fliegt am (morgigen) Montag unter starkem innenpolitischem Druck zum Nahost-Gipfel nach Camp David. Innenminister Natan Scharanski von der Einwandererpartei B'Aliya reichte am Sonntag unter Protest seinen Rücktritt ein. Wohnungsbauminister Jizchak Levi von der Nationalreligiösen Partei wird ihm vermutlich folgen. Zusätzlich gedämpft wurden die an den Gipfel geknüpften Friedenshoffnungen von einem Zwischenfall im Gazastreifen, bei dem am Sonntag eine Palästinenserin erschossen wurde. Scharanski warf Barak vor, er wolle bei dem am Dienstag beginnenden Gipfeltreffen mit dem palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat und US-Präsident Bill Clinton in Camp David bei Washington keinerlei "rote Linien" mehr ziehen. Weil die israelische Regierung jetzt zu allen Zugeständnissen bereit sei, wolle er ihr nicht länger angehören. Stattdessen will Scharanski für die Dauer des Gipfeltreffens zusammen mit Gleichgesinnten in einem Zelt vor dem Amtssitz des Ministerpräsidenten gegen dessen Politik demonstrieren. Um wenigstens die ultra-orthodoxe Schas-Partei in der Koalition zu halten, beriet Barak am Samstag und Sonntag mehrere Stunden lang mit deren Vorsitzendem Eli Ischai. Dieser verlangte klare Grenzen für Zugeständnisse, die Barak in Camp David zu machen bereit ist. Anschließend sagte Ischai, er habe von Barak nichts Neues gehört. Die Schas-Partei ist nach Baraks Arbeitspartei mit 17 Abgeordneten die zweitstärkste Kraft in der Regierungskoalition. Ihr Rückzug wäre ein schwerer Schlag für Barak und würde die Aussichten auf die parlamentarische Zustimmung zu einem Friedensabkommen erheblich verringern. Arafat bereitet sich bei Mubarak auf Gipfel vor Vor Beginn des Gipfels sollten in Washington Vorgespräche zwischen Israelis und Palästinensern beginnen, in denen eine Annäherung der teilweise noch weit auseinander klaffenden Positionen angestrebt wurde. An diesen Verhandlungen wollten auch US-Außenminister Madeleine Albright und der amerikanische Nahost-Vermittler Dennis Ross teilnehmen. Mit Blick auf den Gipfel traf Barak am Samstag auch mit dem jordanischen König Abdallah zusammen. Arafat selbst flog am Samstagabend nach Kairo, um dort mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak zu sprechen. Die wichtigsten Verhandlungspunkte in Camp David sind das Territorium für einen weiteren Rückzug der israelischen Soldaten, der dauerhafte Status der palästinensischen Autonomiegebiete und der Status von Jerusalem, dessen Ostteil die Palästinenser als Hauptstadt eines eigenen Staates beanspruchen. Am Sonntagmorgen wurde im Gazastreifen eine 33-jährige Palästinenserin von israelischen Soldaten erschossen, vier Menschen wurden teilweise schwer verletzt. Auslöser des Vorfalls war nach Angaben eines Militärsprechers der Beschuss der jüdischen Siedlung Kfar Darom aus einem vorbeifahrenden Auto. Die Soldaten erwiderten das Feuer, trafen aber ein anderes Auto.
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