Offenburger Tageblatt, 12.7.2000

Kein Aufenthaltsrecht für Gülecs

Regierungspräsidium schiebt schwarzen Peter dem Arbeitsamt zu: Arbeitserlaubnis sei möglich

Die sechsköpfige Asylbewerberfamilie Gülec erhält laut Regierungspräsidium zwar kein Aufenthaltsrecht in Deutschland, "in bestimmtem Rahmen" aber eine Arbeitserlaubnis.

VON WOLFGANG KOLLMEROffenburg.

"Eine Falle" hatte der ehemalige evangelische Dekan Frido Ritter die Situation genannt, in der die sechsköpfige Kurdenfamilie ist. Seit elf Jahren in Offenburg, kriegt sie keine Aufenthaltsgenehmigung. Ohne die aber kriegt Osman Gülec auch kaum Arbeit.So unlängst bei einer Leiharbeiterfirma bei Rastatt, die ihn sofort genommen hätte, wenn er eine Aufenthaltsgenehmigung gehabt hätte, berichtet Frido Ritter. Der Altdekan sucht derzeit fast flehentlich einen "St. Georg in einer der Behörden, der sein Stempelchen wagt auf ein Papierchen zu setzen".Im Regierungspräsidium in Freiburg jedenfalls sitzt dieser St. Georg nicht. "Die Familie Gülec aus Offenburg erhält keine Aufenthaltsberechtigung in Deutschland", steht unmissverständlich in einer aktuellen Pressemitteilung zu lesen. Die Behörde ist anderer Meinung als Altdekan Ritter, der glaubt, dass für die Gülecs die "Altfallregelung" anwendbar sei.HärtefallregelungLaut Regierungspräsidium sei es nach der Härtefallregelung des Innenministeriums aber notwendig, dass zum Stichtag 19. November 1999 "der Lebensunterhalt der Familie durch eigene Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Mittel der Sozialhilfe gesichert gewesen ist." Zu diesem Zeitpunkt aber hätten die Eltern der Familie Gülec keine Arbeit gehabt. Es nutze also nichts, argumentiert das Regierungspräsidium, dass Osman Gülec jetzt Arbeit bekommt, damit er in den Genuss der Härtefallregelung kommt. Das hätte er eben an jenem 19. November 1999 tun müssen.Was Osman Gülec nach Meinung der Freiburger Asylrecht-Beamten durchaus erlaubt gewesen sei. Asylbewerber, die vor Mai 1997 - was auf die Gülecs zutrifft - eingereist seien, könnten eine Arbeitserlaubnis vom Arbeitsamt erhalten. Aber erst nach einer so genannten "Arbeitsmarktprüfung", gibt das Regierungspräsidium den schwarzen Peter weiter. Einzelheiten würden dabei von der Arbeitsverwaltung geprüft.Paradoxe SituationDie Situation ist paradox: In Offenburg wohnt eine sechsköpfige kurdische Familie mit Kindern zwischen zwei und elf Jahren. Eine Familie, die keine Aufenthaltsgenehmigung kriegt, weil der Vater vor einem halben Jahr keine Arbeit hatte. Die auch nicht mehr abgeschoben werden kann, weil das türkische Innenministerium im Januar diesen Jahres ihr die Staatsangehörigkeit aberkannt hat.Eine Familie, die von Sozialhilfe lebt, obwohl der Vater Osman arbeiten will, Arbeitsangebote hat und laut Regierungspräsidium auch arbeiten darf. Aber immer noch nicht arbeitet.Wer soll das verstehen?