afp, Dienstag, 11. Jul , 17:17 Uhr Menschenrechtsgerichtshof verurteilt Türkei Die Türkei muss einem Mitglied der linksradikalen Partei "Devrimci Sol" ("Revolutionärer Weg"), der von der Polizei tagelang schwer gefoltert wurde, Schadenersatz in Höhe von umgerechnet rund 60.000 Mark zahlen. Dies verfügte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am Dienstag in Straßburg. In dem Urteil werden der Türkei "Folter" sowie "unmenschliche und entwürdigende Behandlung" vorgeworfen. Der heute 31 Jahre alte Kläger war im Februar 1992 von einer Anti-Terror-Brigade der Istanbuler Polizei festgenommen worden. Er blieb 16 Tage in Polizeigewahrsam, bis er in ein Istanbuler Gefängnis gebracht wurde. Der Mann beschuldigt die Polizei, ihn während dieser Zeit immer wieder schwer misshandelt zu haben. Nach eigenen Angaben wurde er mit Elektroschocks traktiert, geschlagen, in eiskaltes Wasser getaucht und an den Füßen aufgehängt. Außerdem sei er zu einer fiktiven Hinrichtung geführt worden. Die Polizei habe Informationen über die verbotene "Devrimci Sol" und ihre Mitglieder aus ihm herausgepressen wollen, berichtete der Türke. Ein Gefängnisarzt stellte bei der Einweisung des jungen Mannes zahlreiche Wunden und Narben fest, die die Anschuldigungen untermauerten. Dennoch wurde die Strafanzeige des Gefolterten zu den Akten gelegt. Noch heute, "mehr als acht Jahre nach dem Vorfall, scheinen die Ermittlungen zu keinem Ergebnis geführt zu haben", rügen die Straßburger Richter. Die Folterer der Anti-Terror-Brigade seien nie zur Rechenschaft gezogen worden. Der 31-Jährige sitzt nach Auskunft des Menschenrechtsgerichtshofs wegen seiner Aktivitäten in der verbotenen Linkspartei noch immer in Untersuchungshaft. Die Türkei gehört zu den Mitgliedsländern des Europarats und zu den Unterzeichnern der Europäischen Menschenrechtskonvention. Damit sind die Straßburger Urteile für die Regierung in Ankara bindend.
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