web.de, 11.07.2000 18:17 Zentralrat der Juden fordert Freilassung Gefangener in Iran Demonstration am Rande des Chatami-Besuchs - Aktionen von Exil-Iranern weitgehend friedlich Berlin (AP) Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat am Dienstag in Berlin gegen die Verurteilung von zehn Juden und zwei Moslems in Iran protestiert. Die zwölf Angeklagten waren in der vergangenen Woche wegen angeblicher Spionage zu Haftstrafen zwischen vier und 13 Jahren verurteilt worden. Der Vizepräsident des Zentralrates, Michel Friedman, warf der Teheraner Regierung Judenverfolgung und Missachtung der Religionsfreiheit vor. "In einem Land, in dem Juden verfolgt werden, werden bald alle Menschen verfolgbar sein", sagte Friedman bei der Demonstration am Rande des Deutschland-Besuchs von Staatschef Mohammed Chatami. Der Prozess hatte international für Aufsehen gesorgt. Der Richter hatte gleichzeitig als Staatsanwalt fungiert, internationale Beobachter waren nicht zugelassen. Friedman forderte Chatami auf, den zwölf verurteilten "unmittelbar nach seiner Rückkehr" aus Deutschland aus der Haft zu entlassen. An die Bundesregierung appellierte er, sich aktiv für die Freilassung einzusetzen. Der Vorsitzende der Berliner Jüdischen Gemeinde, Andreas Nachama, bezeichnete den Deutschland-Besuch Chatamis als falsches Zeichen. "Ich persönlich meine, dass dieser Staatsbesuch zur Unzeit geschieht." An der Demonstration vor dem Jüdischen Gemeindehaus beteiligten sich etwa 50 Menschen. Die Aktion verlief ebenso wie mehrere Protestaktionen iranischer Oppositioneller gegen Chatami weitgehend friedlich. Nach Polizeiangaben beteiligten sich daran mehrere hundert Personen. Am Reichstagsgebäude kam es zu Handgreiflichkeiten zwischen Iranern und der Polizei. 40 Demonstranten wurden laut Polizei vor dem Hauptportal des Parlaments festgenommen, nachdem sie sich geweigert hatten, den Ort zu verlassen. Ein Demonstrant und ein Polizist seien leicht verletzt worden. Daneben gab es 55 weitere Festnahmen, unter anderem bei einer Sitzblockade auf einer Brücke. Auch wegen Waffenbesitzes und Verstoßes gegen ausländerrechtliche Auflagen wurden Iraner festgenommen. Ein Fahrzeug der iranischen Delegation wurde nach Angaben der Polizei in der Berliner Innenstadt von einem Farbbeutel getroffen.
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