Frankfurter Rundschau, 15.07.2000 Schily erntet Widerspruch Von Wolfgang Wagner und Vera Gaserow Vor einer Aushöhlung des Asylrechts haben Vertreter von Flüchtlingsgruppen und Kirchen gewarnt. Bei ihnen stießen die Pläne von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), die Asylverfahren zu straffen und einen Beirat für strittige Fälle einzurichten, auf Skepsis. Auch die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne), wandte sich gegen eine Beschneidung der Rechtsmittel im Asylverfahren. Der UNHCR erklärte, die Verfahren müssten effektiv sein, aber auch fair. FRANKFURT A. M. / BERLIN, 14. Juli. "Pro Asyl" wandte sich gegen eine schleichende Abschaffung der Rechtswegegarantie für Asylbewerber. Auch ein Asylbeirat mache wenig Sinn, solange ein "strukturell unfaires Asylverfahren" immer wieder Härtefälle produziere, erklärte die Arbeitsgemeinschaft am Freitag in Frankfurt. Schily solle stattdessen mit Praktikern aus Nichtregierungsorganisationen über die Mängel des Verfahrens sprechen. Zu diesen gehörten die Qualität der Anhörungen des Asyl-Bundesamtes und der Problemkreis der nichtstaatlichen Verfolgung. Auch müsse die Rolle des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten als "institutionalisiertes Verfahrenshindernis" auf den Prüfstand. Die Ausländerbeauftragte der Regierung, Beck, warnte davor, die Verfahren durch eine Beschneidung der Rechtsmittel verkürzen zu wollen. Wer die gerichtliche Überprüfung von Asylentscheidungen in Frage stelle, "muss an unser Grundgesetz. Das wäre ein ganz tiefgreifender Einschnitt in unsere Verfassung", sagte sie. Der von Schily angeregte Beirat könne nur beratende Funktion haben und müsse sich als "Brücke" verstehen zwischen negativen Asylentscheidungen und Schutzgewährung aus humanitären Gründen. Die Berliner erzbischöflich Beauftragte für Migrationsfragen, Schwester Cornelia Bührle, sagte der Frankfurter Rundschau, zwar seien kürzere Verfahren wünschenswert. Rechtsstaatliche Grundsätze dürften dabei aber nicht auf der Strecke bleiben. Auch sie regte an, die Tätigkeit des Asyl-Beauftragten zu überprüfen, der "automatisch" Widerspruch einlege, sobald Flüchtlinge vom Bundesamt anerkannt würden. Bührle kritisierte auch den Vorstoß Schilys für einen Asylbeirat. Der Minister entwerte dadurch die von ihm eingesetzte Zuwanderungskommission, die ein Gesamtkonzept entwickeln solle. Es sei der falsche Zeitpunkt für Einzellösungen. Der stellvertretende Leiter des UN-Flüchtlingskommissariats in Deutschland, Roland Schilling, mahnte, die Verfahren müssten eine "ordentliche Prüfung" ermöglichen. Es sei keineswegs typisch, dass Asylverfahren mehrere Jahre durch die Instanzen gingen. Verzögerungen seien vermutlich eher durch Mangementprobleme der Verwaltungsgerichte bedingt. So wisse er von einem Richter, der mehrere Fälle von Flüchtlingen aus einem Land sammle und erst dann entscheide. Der UNHCR-Vertreter begrüßte aber, dass mit einem Beirat ein "Auffangnetz für besondere Fälle" geschaffen werden solle. |