WEB.de 15.07.2000 Spannung in Camp David nimmt zu Kein Hinweis auf Annäherung beim Nahost-Gipfel - Arafat drohte laut Medienberichten mit Abreise Thurmont/USA (AP) Die Spannungen beim Nahost-Gipfel in Camp David nehmen offenbar zu. Bis zum Samstag gab es nach Angaben aus Diplomatenkreisen noch keinerlei Anzeichen, dass es in den entscheidenden Punkten zu einer Annäherung zwischen Israel und den Palästinensern gekommen sei. Der palästinensische Präsident Jassir Arafat drohte israelischen Medienberichten zufolge sogar mit seiner Abreise. Zu den strittigsten Fragen gehören die Zukunft Jerusalems, die Frage der jüdischen Siedlungen in Palästinenser-Gebieten und die Rückkehr von mehr als zwei Millionen palästinensischen Flüchtlingen. US-Präsidentensprecher Joe Lockhart bezeichnete die Verhandlungen als äußerst schwierig. Zur den Medienberichten über Arafats Drohung nahm er aber keine Stellung. "Ich habe heute noch kein Gepäck gesehen", antwortete er ausweichend. Israelische Medien berichteten unter Berufung auf palästinensische Delegationskreise, Arafat habe damit gedroht, seine Koffer zu packen und abzureisen. Auslöser dafür sei ein Vermittlungsvorschlag der USA gewesen, der nach Arafats Meinung zu sehr die israelische Haltung reflektiert habe. Zum zweiten Mal seit Beginn des Gipfels am Dienstag zogen sich Arafat, der israelische Ministerpräsident Ehud Barak und US-Präsident Bill Clinton am späten Freitagabend zu einem Dreiergespräch zurück. Zum Inhalt der Verhandlung - nach einem Sabbat-Mahl auf Einladung Baraks - wahrten sie am Samstag wie erwartet Stillschweigen. Auch den Äußerungen Lockharts war keine Tendenz des Treffens zu entnehmen. Auch am Vorabend wurden Delegierte beider Seiten von den amerikanischen Gastgebern daran gehindert, sich im Pressezentrum in Thurmont mit Journalisten zu treffen. Es verlautete lediglich, dass nichts auf eine Änderung der Standpunkte beider Seiten hinweise. Unterdessen verließ Albright den Verhandlungsort für einige Stunden, um sich im nahe gelegenen Emmitsburg mit sieben hohen palästinensischen Vertretern zu treffen, die nicht an den Gesprächen beteiligt sind. Unter ihnen ist auch Hanan Aschrawi, ein prominentes Mitglied des Palästinensischen Nationalrats. Sie beschwerte sich darüber, dass ihnen nicht erlaubt wurde, mit Arafat zu reden. In Washington hatte sich Aschrawi zuvor pessimistisch über eine baldige Einigung geäußert. Sie bezweifle, dass die Probleme noch bei den laufenden Gesprächen gelöst werden könnten. Im Westjordanland und Gaza-Streifen demonstrierten am Samstag Palästinenser gegen ein Einlenken Arafats. Der Führer der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas, Scheich Ahmed Jassin, machte gleichzeitig vor Anhängern Stimmung gegen den Gipfel von Camp David. Er bezeichnete die Gespräche als "Verschwörung, um die Palästinenser unter Druck zu setzen, ihre natürlichen Rechte aufzugeben". Wie lange die Gespräche in Camp David noch dauern werden, ist unklar. Clinton will jedoch am kommenden Mittwoch zum G-8-Gipfel nach Japan reisen. |