Die Welt, 22.7.2000 Italiens Behörden sprengen riesiges Schleuser-Netzwerk Fast 5000 Chinesen illegal ins Land gebracht - Verdacht auf Handel mit menschlichen Organen Rom - Italienische Behörden haben ein riesiges Schleuser-Netzwerk zerschlagen. Die internationale Bande habe insgesamt fast 5000 Chinesen illegal nach Italien geschmuggelt, teilten die Behörden mit. Bei Polizeiaktionen wurden Anfang der Woche in 15 italienischen Städten insgesamt 40 Menschen festgenommen. In den vergangenen Monaten befreiten die Beamten zudem etwa 100 Menschen aus den Händen der Menschenschmuggler, allein 40 "Gefangene" bei der jüngsten Razzia. Der chinesische Kopf der Bande wurde den Behörden zufolge gemeinsam mit seiner chinesischen Freundin am Mittwoch am Flughafen von Triest festgenommen. Die Frau habe eine große Menge Dollarnoten in einer Tasche bei sich gehabt. Die von dem Chinesen und zwei Kroaten geführte Organisation setzte durch den Menschenschmuggel seit Mitte vergangenen Jahres rund 130 Milliarden Lire (umgerechnet 131 Millionen Mark) um, wie die Behörden bekannt gaben. Unter den 20 noch gesuchten Personen nach den ersten Festnahmen sei auch ein 45-jähriger Kroate, der sogar eine eigene Fluglinie zum Transport der illegalen Einwanderer gegründet habe, sagte Staatsanwalt Luigi Vigna. Der in ganz Europa gesuchte Mann sei "mächtig, gerissen und extrem gefährlich". Möglicherweise sei die Bande auch in den Handel mit menschlichen Organen verwickelt. Die illegalen Einwanderer arbeiteten den Ermittlungen zufolge in Italien als Schwarzarbeiter und wurden von chinesischen Kriminellen überwacht. Die Bande kassierte pro Person umgerechnet 27 000 Mark für einen Transfer nach Italien. Erst im vergangenen Monat waren in Dover 58 chinesische Flüchtlinge erstickt in einem Kühllastwagen gefunden worden. Der italienische "Chinesen-Clan" habe seine Opfer auf dem Luftweg von Peking in die Ukraine oder nach Jugoslawien gebracht. Von dort seien die Immigranten in Lastwagen nach Italien geschleust worden. Wegen des Verdachtes des Organhandels wird nach Angaben der italienischen Behörden noch ermittelt. Die Immigranten seien möglicherweise als "lebende Organbank" missbraucht oder gezwungen worden, den angeblichen Preis der Überfahrt mit einer Niere zu bezahlen. Unterdessen erreichten rund 500 Kurden am Donnerstag mit einem Flüchtlingsschiff Italien. Vier Besatzungsmitglieder aus Ägypten und Syrien wurden festgenommen. An Bord der unter indischer Flagge fahrenden "Sam" herrschten nach italienischen Angaben "miserable Zustände". Für die Menschen, darunter zahlreiche Kinder, habe es nicht einmal Trinkwasser gegeben. Mehrere Immigranten wurden auf hoher See wegen gesundheitlicher Probleme von italienischen Sicherheitskräften von Bord geholt. Die Flüchtlinge berichteten, sie seien vor fünf Tagen in der Türkei an Bord gegangen. Italien hat festgelegt, dieses Jahr 63 000 Flüchtlinge aufzunehmen. Diese Zahl wurde bereits im ersten Halbjahr erreicht. Der französische Innenminister Jean-Pierre Chevenement kündigte unterdessen eine Verdreifachung der Geldstrafen für Transporteure illegaler Einwanderer an. Der Gesetzentwurf sehe die Erhöhung der derzeitigen Geldstrafe für jeden transportierten Flüchtling von umgerechnet 3000 auf 9000 Mark vor.AFP/dpa
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