Fuldaer Zeitung, 27.7.2000 Kultur der Kurden Ausstellungseröffnung Ebersburg-Weyhers (ß) Das Fernsehteam vom "Offenen Kanal" Fuldas filmte. Voraussichtlich wird auch der kurdische Sender in Brüssel über die neuen Aspekte kurdischer Kultur im Ebersburger Ortsteil Weyhers berichten. Der Kurde Ismail Atmali stellt dort aus. "Liebe in der Zeit der Emigration" lautet der Titel der Ausstellung des Nürnberger Künstlers in der ehemaligen Weberei von Weyhers. In einer bewussten "kulturpolitischen Offensive" mit Bemühungen zu freundschaftlichen Begegnungen warb die Kurdische Gemeinde Fuldas für ihre zerrissene Heimat. Im Rahmen der Vernissage trafen sich Kurden aus Osthessen und deutsche Kunstfreunde aus der Rhön im Kirschgarten vor dem denkmalgeschützten Gebäude zu einem vielseitigen Kul turabend. Vorstellung und Würdigung des kurdischen Künstlers Atmali wechselten ab mit Pantomimenspiel, kurdischer Musik und Gesang sowie folkloristischem Reigentanz, ganz wie bei einem großen Familienfest in der Türkei. Auch kurdische Kulinarien konnten probiert werden. Dazu wirbelten schnelle Finger auf der Bongotrommel oder ließen das Saiteninstrument Sas zu melancholischem Gesang leise klagen. Die Hauherrin der alten Weberei, Gerda Siefarth, stellte den Maler, Regisseur und Schauspieler Ismail Atmali vor. Der Kurde sei 1979 nach Deutschland gekommen, habe die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten und arbeite im Raum Nürnberg-Fürth. Seine Bilder gäben Einblick in kurdische politische Erfahrungen und ihre geistige Verarbeitung. Auch von der "Liebe in der Zeit der Emigration" werde Zeugnis abgelegt. Die Bilder werfen laut Siefarth politische und menschliche Fragen auf. "Die Entscheidung für die Weyherser Ausstellung sei rasch getroffen worden. Es sollte um Berührungen zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen bei einem Fest gehen, die sonst - leider - nur zu selten sind, sagte Siefarth. Ein Freund des Malers, der Türke Kubilay Tufan, las aus zwei seiner bisher erschienen Gedichtbände vor. Er schildert darin in freien Rhythmen und mit naturbezogener Poesie, wie sich sein Freund, der Maler Ismail, in der langen Emigration verändert hat. Die neue Heimat von Bayern über Hamburg bis Mainz wurde gepriesen und das gewonnene Heimatgefühl in Deutschland beschworen. Beim Pantomimenspiel im großen Ausstellungsraum der alten Weberei trat unter anderem ein "Sprayer" mit Strumpfmaske in Aktion, der nur das nachdenklich stimmende Wort "raus" auf eine Leinwand sprühte. Schon die Titel der 31 Malereien und Collagen deuten Probleme von Künstlern in der Emigration an. "Abschied", "Angst" oder "In der Wärme frieren" heißt es da. Den Kontrast zum Emigrantenschicksal bilden dann Themen wie "Mein Wunschbaum", "Mein Frühling" oder "Erinnerung an Dyabakir" (kurdische "Hauptstadt" in der Türkei). Zur Situation der Kurden in Fulda war zu erfahren, dass rund 100 Mitglieder aus allen Teilen Osthessens zur Gemeinde gehören. Sie sei offen für alle;auch Russen oder Türken fänden den Weg zu ihr. Die Kurdische Gemeinde Fuldas will zeigen, dass sie zu diesem Land gehöre, sich anpasse und bereit sei, mit der hiesigen Bevölkerung zu leben.
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