junge Welt, 28.07.2000 Netzwerk für den Frieden Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit tagt in Brandenburg. Vorbereitung für Weltkongreß Als sich vor 85 Jahren über 1 000 Frauen aus einem Dutzend kriegführender und neutraler Länder trafen, um ihre Stimme gegen den gerade tobenden 1. Weltkrieg zu erheben, war das die Geburtsstunde der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (WILPF). Seither ist der Zusammenschluß beständig gewachsen. Gemeinsam mit dem Europahaus Helenenau ist die Liga seit Mittwoch Gastgeber einer internationalen Frauenkonferenz in Börnicke bei Berlin. Das Treffen, an dem mehr als 100 Vertreterinnen aus rund 40 Nationen Europas, Lateinamerikas, Afrikas, dem Nahen Osten sowie Süd- und Südostasien teilnehmen, bereitet den Frauen-Weltkongreß gegen Rassismus, der nächstes Jahr in Südafrika stattfinden soll, vor. Viele Impulse von Börnicke für Südafrika 2001 wünschten sich Bruna Nota, internationale Präsidentin von WILPF, Eleonore Romberg von der deutschen Sektion sowie Europahaus- Geschäftsführer Jürgen Prang und Margret Schlüter, Staatssekretärin im Brandenburger Frauenministerium. Trotz der speziellen deutschen Geschichte, trotz Fremdenhaß und Neonazismus sei Brandenburg-Berlin ein guter Ort für diese Veranstaltung. Schließlich gebe es nicht nur die militaristische Tradition, sondern auch die der Aufklärung und Toleranz. Das Signal zur besonderen deutschen Verantwortung im Kampf gegen Rassismus und Unterdrückung unterstreichen auch Grußworte wie das der Grünen-Politikerin Claudia Roth. Die Vorsitzende des Bundestags-Menschenrechtsausschusses mahnt in deutlichen Worten die Verpflichtung an, gegen einen Ausbau der Festung Europa einzustehen und insbesondere weibliche Flüchtlinge zu schützen. Viel habe sich seit der Liga-Gründung vor achteinhalb Jahrzehnten verändert. Doch wie Bruna Nota und Eleonore Romberg betonten, sei die grundsätzliche Herausforderung geblieben: Gegen kriegerische Auseinandersetzungen und rassistische Diskriminierung aufstehen, in welcher Form diese sich auch immer zeige. Deutlich spürbar werde aber, daß die internationale Frauenbewegung inzwischen an Macht zugenommen hat, was nicht nur der Beobachterstatus der WILPF bei den Vereinten Nationen zeigt. »Frauen haben seit damals immer wieder mutig Grenzen überschritten«, betonte die Chefin der deutschen Sektion unter Verweis auf ein Beispiel aus Südostasien. Mitten im tobenden Vietnamkrieg hatten sich dort Frauen aus dem Norden und Süden das Landes sowie den USA zusammengefunden, um einen Friedensvertrag zu unterzeichnen. Bei der Weltkonferenz 1995 in Peking habe der Friedenszug von Helsinki aus durch viele Länder ein deutliches Zeichen gesetzt, und die Resonanz auf das jetztige Seminar sei ebenso Beweis für die international gestärkte Kooperation. Ursachen, Formen und Auswirkungen rassistischer Diskriminierung sollen an den vier Kongreßtagen diskutiert werden. Die Teilnehmerinnen werden dabei die Situation in ihren Heimatländern darlegen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausstellen zu können. Ziel ist nicht nur eine weitere Vernetzung der lokalen und nationalen Gruppen, sondern vor allem verstärkter Druck auf die Regierungen und internationalen Zusammenschlüsse. Nicht nur die Weltkonferenz der UN im nächsten Jahr, sondern auch die europäische Grundrechtscharta stehen dabei im Blickfeld der Organisatoren. Eine besondere Bedeutung mißt nicht nur Eleonore Romberg auch den Teilnehmerinnen aus Osteuropa zu. »Nie zuvor sind so viele Frauen aus der Region zwischen Baltikum und Balkan zusammengekommen«, unterstrich sie, und auch im Programm ist den Problemen der Vertreterinnen aus den früheren Sowjetrepubliken und südosteuropäischen Nationen breiter Raum gegeben. Thomas Berger
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