junge Welt, 29.07.2000 Spezialpolizei in der Haftanstalt Trotz weltweiter Kritik erneut Angriffe auf politische Gefangene in der Türkei Trotz internationaler Kritik dauern die schlechten Haftbedingungen in den türkischen Gefängnissen an. Gegen Inhaftierte, die sich gegen die miserablen Zustände zur Wehr setzen, gehen die Sicherheitskräfte rigoros vor. So war am 5. Juli das Gefängnis in Burdur im Südwesten der Türkei von Spezialeinheiten der Polizei gestürmt worden. Durch den Angriff wurden damals 61 politische Gefangene schwer verletzt. Die Sicherheitskräfte hatten Tränengas in die verbarrikadierten Zellen geworfen und gezielt auf die Köpfe der Häftling eingeschlagen. Einem Gefangenen wurde beim brutalen Vorgehen der Polizei ein Arm ausgerissen. Zwei inhaftierte Frauen wurden nach Angaben des Solidaritätskomitees DETUDAK vergewaltigt (siehe auch junge Welt vom 24. Juli). Nach dem Angriff sind die Häftlinge in Isolationszellen in Burdur und von dort in andere Gefängnisse verlegt worden, darunter auch in die Haftanstalt in Bergama. Dort eskalierte die Situation am Mittwoch dieser Woche, als Soldaten und Spezialeinheiten mit Gasbomben und Schußwaffen das Gefängnis stürmten. DETUDAK wertet den militärischen Angriff als Racheakt des türkischen Staates: Die von Burdur nach Bergama verlegten Gefangenen hatten am ganzen Körper Verletzungen und Folterspuren. Später war es ihnen gelungen, diese zu fotografieren und an die Presse weiterzugeben. Der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge hatten die Sicherheitskräfte indes am Mittwoch einen 110 Meter langen Tunnel im Gefängnis von Bergama entdeckt, der von den Insassen gegraben worden sein soll. Deshalb sei das Gefängnis gestürmt worden. Beobachter rechnen damit, daß sich die Situation in der Haftanstalt Bergama, im äußersten Westen der Türkei gelegen, weiter verschärfen wird. Hintergrund der Auseinandersetzungen ist der Versuch des türkischen Staates, die Isolationshaft für politisch Gefangene einzuführen. In den Gemeinschaftszellen stützen sich die Gefangenen gegenseitig durch ihre Solidarität und können so ihre Menschlichkeit bewahren. Hayal Düz *** Protestkundgebung: Samstag, 29. Juli, von 12 bis 14 Uhr am Kottbusser Tor/ Ecke Adalbertstraße in Berlin-Kreuzberg
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