Frankfurter Rundschau, 29.7.2000 Schlechte Noten für Ankara Der neue Lagebericht des Auswärtigen Amtes müht sich endlich ernsthaft, überfällige Schlüsse zu ziehen Von Ursula Rüßmann Abschiebung statt Schutz. Folter und Haft statt Leben in Sicherheit. Diesmal hat es Ahmed Angay getroffen, zuvor schon Ali Akbas, Ahmed Alptekin und andere. Inzwischen häufen sich die Namen der Kurden, die in Deutschland vergeblich um Asyl nachfragten, bevor sie ausgewiesen und in der Türkei misshandelt wurden. Menschenrechtsorganisationen haben erst in akribischer Kleinarbeit nachweisen müssen, was amtliche Asyl-Entscheider und Verwaltungsgerichte zuvor nicht wahrhaben wollten. Der neue Lagebericht des Auswärtigen Amtes bezieht die Erkenntnisse der Initiativen ein und müht sich endlich ernsthaft, überfällige Schlüsse zu ziehen: Deutlicher als bisher werden deutsche Behörden zur Vorsicht aufgerufen, wenn es um Ausweisungen von Kurden geht. Zu Recht stellt das Berliner Außenministerium Ankara auch in anderen Punkten kein gutes Zeugnis aus: Folter verbreitet, Meinungsfreiheit angekratzt, Repressionen gegenüber Kurden-Funktionären - ein Land, das nach Europa drängt, muss in Sachen Menschenrechte Besseres vorweisen. Der Hinweis, dass sich türkische Armee- und Polizeikräfte um Gesetze nicht scheren, darf getrost auch als Fingerzeig mit Blick auf das umstrittene Panzergeschäft mit Ankara verstanden werden. Insgesamt ein realistischerer Bericht als die bisherigen, der sich weniger ermutigend lesen würde, hätten nicht unabhängige Organisationen an ihm mitgeschrieben. Ein offenes Ohr in Regierungsetagen für gesellschaftliche Kräfte lohnt sich also - bleibt zu hoffen, dass diese Einsicht auch in anderen Ressorts die Runde macht.
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