Frankfurter Rundschau 31.7.2000 Wie Clinton auszog, den Kollegen Barak zu sanieren Der US-Präsident lobt in einem Fernseh-Interview Israels Premier über den grünen Klee und macht sich damit wenig Freunde Von Inge Günther (Jerusalem) Die demonstrative Freundschaft zwischen Bill Clinton und Ehud Barak irritiert in Nahost. Jüngster Stein des Anstoßes: ein TV-Interview des US-Präsidenten, das in den Augen vieler Palästinenser wie rechter und linker Israelis eine reine Gefälligkeit für Premier Barak war. Ob Clinton etwa suggeriert worden sei, dass Palästinenser kein israelisches Fernsehen gucken könnten, merkte spitzzüngig der Israeli Chemi Schalev in der Zeitung Maariv an. Anders lasse sich kaum erklären, warum der Chef im Weißen Haus so abstrichslos zu Gunsten seines Kollegen Partei ergriff. "Für Barak war das vielleicht ein großer Schritt, für den Friedensprozess aber ein sehr kleiner - und zwar zurück", schrieb Schalev. "Kein Palästinenser hegt jetzt noch Zweifel, dass sich Yassir Arafat in Camp David als wahrer Held bewiesen hat." In einem Exklusiv-Interview mit dem ersten israelischen Fernsehkanal hatte Clinton am Freitagabend Barak über den grünen Klee gelobt; als einen, der sich im Vergleich zu PLO-Chef Arafat in Camp David als "kreativer und mutiger" erwiesen, dabei aber nie israelische Sicherheitsbelange aus dem Blick verloren habe. Eindeutiger als je zuvor ließ sich aus seinen Worten auch entnehmen, woran nach Washingtoner Überzeugung der Gipfel scheiterte: an mangelnder Flexibilität der Palästinenser. Sollten die sich jetzt zu einer einseitigen - also ohne Friedensvertrag abgesegneten - Staatsdeklaration entscheiden, so Clinton, werde sich das als "schwerer Fehler" erweisen. In diesem Falle werde er "unsere ganze Beziehung überdenken" und Arafat müsse sich "auf unvermeidliche Konsequenzen" gefasst machen - konkret: auf Streichung finanzieller US-Hilfen sowie grünes Licht für einen Umzug der US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem, möglicherweise noch in diesem Jahr. "Dies ist missratene diplomatische Erpressung", erregte sich die Autonomierats-Abgeordnete Hanan Aschrawi. Und nicht minder säuerlich klangen die Medienreaktionen aus Damaskus, Kairo und Beirut. Doch so sehr sich die arabische Welt über das "Foul eines Schiedsrichters" empört - unter der Hand räumen auch Palästinenser ein, dass Clintons Versuch, das Image Baraks daheim polieren zu helfen, letztlich dem Friedensprozess zugute kommt. Eine neue Gipfelrunde ist nur möglich, wenn der Premier - derzeit unter Oppositions-Beschuss - politisch überlebt. Arafat selbst schlug denn auch moderate Töne an. Er wolle Clinton daran erinnern, erklärte er bei einer Stippvisite in Paris, dass ein Staat Palästina im Mai 1999 ausgerufen werden sollte. Nur auf ausdrücklichen Rat "unserer Freunde, einschließlich Herrn Clintons" habe die PLO sich damals zur Vertagung entschlossen. Neue politische Freunde hat sich Clinton mit seinem Interview in Nahost freilich nicht gemacht. Vielleicht aber in New York, wo Gattin Hillary um die Gunst der jüdischen Wählerschaft ringt. Die Aussicht auf einen Umzug der US-Botschaft ist dort unbestritten populär.
|