Berliner Morgenpost, 5.8.2000 CSU will Asylverfahren beschleunigen Zeitlmann: Gerichtliche Instanzen zur Überprüfung von Anträgen zusammenlegen - «Zuzug nach Deutschland darf nicht wieder zunehmen» Von Arne Delfs Berlin - In der Debatte über die Reform des Asylrechts hat sich der innenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Wolfgang Zeitlmann, für eine drastische Verkürzung der Anerkennungsverfahren ausgesprochen. Gegenüber der Berliner Morgenpost betonte Zeitlmann, Deutschland ziehe mit seinem «übermäßig komplizierten» Verfahren «zu viele unberechtigte Asylbewerber» an. Um eine gerechte «Lastenteilung in Europa» zu erreichen, müssten daher die bestehenden gerichtlichen Instanzen «zu einer Instanz zusammengefasst» werden. Der CSU-Politiker sprach sich dafür aus, «einen speziellen Beschwerde-Ausschuss mit richterlicher Unabhängigkeit» einzurichten. Dieser Ausschuss müsse mit Vertretern aus der gesamten Gesellschaft besetzt werden. Dessen Entscheidung dürfe dann nicht mehr vom Bundesverfassungsgericht angefochten werden können. Zeitlmann berief sich auf eine Studie des Europäischen Parlaments. Danach sind die Bundesrepublik und Großbritannien die beiden einzigen europäischen Staaten, in denen «bis zu fünf aufeinanderfolgende Behörden und Gerichte» mit einer Asylentscheidung befasst sein können. Eine Entscheidung des zuständigen Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge kann in Deutschland derzeit sämtliche verwaltungsgerichtlichen Instanzen bis hin zum Bundesverfassungsgericht durchlaufen. In den meisten anderen europäischen Staaten sind dagegen laut der Studie in der Regel nur zwei bis drei Instanzen mit einem Asylverfahren befasst. Dieses «Übermaß an Formalisierung» im deutschen Asylrecht habe eine unangemessene Verzögerung des Verfahrens zur Folge und mache Deutschland für unberechtigte Asylbewerber besonders «attraktiv», betonte Zeitlmann. Deutschland müsse in der Asylpolitik endlich «europatauglich» gemacht werden. Die Bundesregierung dürfe aber einer Harmonisierung des Asylrechts nicht zustimmen, solange die Voraussetzung «für eine gerechte Verteilung der Lasten» nicht geschaffen seien. Zeitlmann: «Der Zuzug nach Deutschland darf nicht wieder zunehmen.» Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach äußerte sich zurückhaltend zu dem Vorschlag seines CSU-Kollegen. Neben dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge müsse es auf jeden Fall noch weitere Instanzen geben, die die Entscheidung der Behörde überprüfen könnten, auch wenn sich dadurch das Verfahren verzögere, sagte der CDU-Politiker der Berliner Morgenpost. Bosbach: «Vier Augen sehen immer mehr als zwei Augen.» Dabei müsse es sich allerdings nicht um ein «klassisches Gericht» handeln. Vielmehr könne auch eine unabhängige Kommission diese Aufgabe übernehmen. Über weitere Details werde die CDU-Kommission zur Zuwanderung beraten, so Bosbach. Zeitlmann will seinen Vorschlag im Herbst in der CSU-Landesgruppe vorstellen. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte, die Zuwanderungskommission der Bundesregierung werde sich auch mit diesem Thema beschäftigen. Nach Angaben von Innenminister Otto Schily (SPD) hat sich die Zahl der Asylbewerber im Juli im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 30 Prozent verringert. Von den 8 131 Anträgen wurden dabei allerdings nur 237 Asylberechtigte anerkannt, das entspricht einer Quote von rund 2,9 Prozent.
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