Frankfurter Rundschau, 9.8.2000 Iranische Justiz macht letzte große Reform-Zeitung mundtot Pressegericht verbietet Blatt eines Khatami-Vertrauten / Konservative Moslems demonstrieren vor dem Parlament in Teheran TEHERAN, 8. August (rtr/dpa). Das konservative iranische Pressegericht hat am Dienstag ein sofortiges Erscheinungsverbot der letzten großen Tageszeitung der Reformbewegung verfügt. Nach Angaben von Journalisten erreichte die Verfügung die Zeitung Bahar per Fax. Bahar erschien erstmals im April und erreichte schnell eine hohe Auflage, als bei der Aktion der Konservativen gegen die unabhängigen Medien immer mehr Zeitungen verboten wurden. Am Montag hatte das Pressegericht einen prominenten Journalisten der Reformbewegung festnehmen lassen. Am Sonntag hatte der geistliche Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, das von Reformern beherrschte Parlament angewiesen, die Debatte über ein neues, liberaleres Pressegesetz abzusetzen. Die Tageszeitung Bahar wird von einem engen Vertrauten des als moderat eingestuften Staatspräsidenten Mohammad Khatami herausgegeben. In der letzten Ausgabe vom Dienstag erschien ein Interview mit dem reformorientierten Abgeordneten Mohammad Resa Khatami, der ein Bruder des Staatspräsidenten ist. Resa Khatami bezichtigte darin die Konservativen der Lüge und Verleumdung. Das vom konservativen moslemischen Klerus beherrschte Pressegericht hat seit April etwa 20 Zeitungen der Reformbewegung schließen lassen. Präsident Khatami setzte sich für die Pressefreiheit ein. "So lange es eine junge Generation gibt, wird es auch weiter Pressefreiheit geben", sagte er laut dem Nachrichtensender Khabar bei einem Besuch in der Provinz Kurdistan. Mehrere tausend konservative Moslems protestierten vor dem Parlament in Teheran gegen die Absicht, das restriktive Presserecht zu lockern. Die Aktion richtete sich vor allem gegen einige Abgeordnete, die sich für mehr Meinungsfreiheit in Iran stark gemacht hatten. |