Frankfurter Rundschau 9.8.2000

Justiz nimmt sich Internet vor

Däubler-Gmelin will Adressen Rechtsextremer verbieten

Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) will gegen Internet-Adressen Rechtsextremer vorgehen und deren Registrierungen im Zweifelsfall verbieten. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, hält ein NPD-Verbot für "zwingend geboten, wenn sich nach genauer Prüfung herausstellen sollte, dass sich die NPD zum legalen Arm brauner Gewalttätigkeit entwickelt hat".

BERLIN/FRANKFURT A. M., 8. August (hll/ing/afp/dpa/rtr/ap). Über die Vergabestelle der deutschen Internetadressen wolle sie zunächst erreichen, dass bestimmte Symbolbegriffe herausgefiltert werden, sagte Justizministerin Däubler-Gmelin im WDR. Sie begrüßte den Vorschlag, von verdächtig erscheinenden Seiten einen Link zu einer aufklärenden Homepage zu schalten. Die SPD-Politikerin reagierte auf die vorübergehende Freigabe der Internet-Adresse www.heil-hitler.de.

Wegen dieser Adresse ermittelt der Staatsschutz in Schwerin nach Informationen des Boulevardblatts Bild gegen einen Oberfeldwebel der Bundeswehr. Die Internet-Seite sei von dem 28-jährigen Ralf K. aus der Moltke-Kaserne in Dabel in Mecklenburg-Vorpommern beantragt worden.

Das Bundesjustizministerium trat Forderungen von Unionspolitikern nach schärferen Gesetzen und Sondergerichten für extremistische Straftäter entgegen. Die bestehenden Gesetze reichten im Kampf gegen rechte Gewalt aus und müssten ausgeschöpft werden, sagte ein Sprecher der Behörde. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) will das Thema Rechtsextremismus zum Schwerpunkt seiner Sommerreise durch Ostdeutschland machen.

Das Bundeskriminalamt (BKA) registriert künftig auch rechtsextreme Straftaten. Bislang gehörte dieses Merkmal nicht zu der Datei, in der die Ermittler fremdenfeindliche Gewalttaten erfassen. Eine entsprechende Weisung sei an das BKA ergangen, sagte ein Sprecher des Ministerium der FR. Damit konkretisierte die Behörde erste Vorschläge, die die Staatssekretäre der Innenminister in der vergangenen Woche verabredet hatten.

Die Zahl rechtsextremer Straftaten ist bundesweit angestiegen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden nach Angaben des Bundesinnenministeriums 5223 solcher Straftaten registriert, 334 mehr als im ersten Halbjahr 1999.

In der SPD wächst die Neigung, gegen die NPD einen Verbotsantrag zu stellen. Der innenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Wiefelspütz, befürwortete in einem Beitrag für die FR einen entsprechenden Antrag an das Bundesverfassungsgericht. Es sei richtig, dass eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe prüfe, ob ein Antrag aussichtsreich ist. Am heutigen Mittwoch wollen die Innen-Staatssekretäre der Länder mit der Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Brigitte Zypries, beraten, wie die Gruppe zusammengesetzt sein soll.

rsoldaten ermittelt. Das Blatt berichtet in seiner Mittwoch-Ausgabe, der Staatsschutz in Schwerin ermittle gegen einen Oberfeldwebel aus der Moltke-Kaserne in Dabel (Mecklenburg-Vorpommern). Die Internet-Seite sei unter dem Namen des 28-jährigen Soldaten beantragt und angemeldet worden.

Der Schweriner Polizeisprecher Klaus Wiechmann sagte der Zeitung: «Der Staatsschutz bei der Kriminalpolizei ermittelt wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.» Das Blatt zitiert Nachbarn des Soldaten, die berichteten, dass der Oberfeldwebel in der Vergangenheit häufiger mit rechtsextremen Äußerungen aufgefallen sei. Ein Sprecher des Bundeswehr-Korps in Potsdam habe bestätigt, dass der Soldat von seinem Disziplinar- Vorgesetzten vernommen wurde. Er bestreite die Vorwürfe, daraufhin sei der Militärische Abschirmdienst (MAD) eingeschaltet worden.