Frankfurter Rundschau, 11.8.2000

Haft ohne Bewährung für Skins
Wuppertaler Schläger verurteilt / Anschlag in Eisenach

Mit Jugendstrafen von je sieben Monaten Haft ohne Bewährung hat die Wuppertaler Justiz einen Überfall von Skinheads bei der Gedenkfeier an einem KZ-Mahnmal geahndet. Auf eine türkische Imbissbude in Eisenach wurde ein Sprengstoffanschlag verübt; die Polizei nahm einen 19-jährigen Rechtsradikalen fest.

WUPPERTAL / ERFURT, 10. August (dpa). Ein Wuppertaler Jugendschöffengericht verurteilte die 17, 18 und 20 Jahre alten Neonazis am Donnerstag wegen gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruchs und Störung einer Versammlung. Sie gehörten zu einer Schläger-Gruppe von etwa 15 Skinheads, die am 9. Juli die friedliche Feier an dem Wuppertaler Mahnmal Kemna gestürmt und mehrere Teilnehmer verletzt hatten. Acht weitere Schläger warten noch auf ihre Prozesse.

"Lieber eine kurze und fühlbare Strafe als eine lange mit Bewährungs-Wischi-Waschi", begründete der Amtsrichter das Urteil. Die Staatsanwaltschaft hatte für die drei geständigen Angeklagten jeweils eineinhalb Jahre Jugendhaft auf Bewährung beantragt.

Ob ein 19-jähriger Rechtsextremer als Täter des Eisenacher Anschlags in Frage kommt, war am Donnerstag nach Angaben der Polizeidirektion Gotha zunächst noch unklar. Der Mann war in Tatortnähe vorläufig festgenommen worden und gehört der rechtsextremen NPD an. Er ist Funktionär der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten. Bei ihm war rechtes Propagandamaterial gefunden worden. Laut Polizei konnte dem Verdächtigen nach ersten Ermittlungen zunächst aber kein direkter Bezug zu der Straftat nachgewiesen werden. Er selbst bestreite die Tat. Menschen wurden bei dem Anschlag in einer Eisenacher Plattenbausiedlung nicht verletzt. Es entstand geringer Schaden.

Unbekannte warfen in der Nacht zum Mittwoch Pflastersteine in ein Asylbewerberheim im hessischen Ruhlkirchen. Nur dank glücklicher Umstände sei niemand verletzt worden, teilte die Polizei mit.

Das Amtsgericht in Brandenburg an der Havel verurteilte am Donnerstagnachmittag einen 37-Jährigen zu einer achtmonatigen Bewährungsstrafe und 1000 Mark Geldbuße, der in der Nacht "Heil Hitler" und "Juden raus" gegrölt hatte.

In Hannover nahm die Polizei drei Jugendliche vorläufig fest, die gerade an einem jüdischen Mahnmal in der Innenstadt ein Hakenkreuz aus Kerzenwachs anbringen wollten. Gegen sie wurde Anzeige erstattet.

Ein Thüringer Lehrer wurde unterdessen aus dem Schuldienst entlassen, weil er seine Schüler beim Grölen rechtsextremistischer Parolen auf einer Klassenfahrt hatte gewähren lassen. Wie das Kultusministerium in Erfurt mitteilte, wurde der Pädagoge mittleren Alters wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht vom Dienst suspendiert und zum 1. Juli gekündigt. Eltern hätten den Vorfall bei der Behörde angezeigt. Weder der Lehrer noch die Schüler seien in ihrer Grundhaltung rechtsextremistisch.

TE ROGALLA