Frankfurter Rundschau, 14.8.2000
Khatami fordert Achtung der Menschenrechte
TEHERAN, 13. August (dpa). Der reformorientierte iranische Staatschef Mohammad Khatami hat am Samstag ein Plädoyer für Demokratie und Menschenrechte gehalten. Ohne Demokratie werde Iran keine internationale Achtung erringen. "Achtung und Menschenrechte nicht nur im Innern, sondern in der Gesamtheit der internationalen Gemeinschaft erhält man nur durch Eintreten für Demokratie", sagte Khatami vor iranischen Diplomaten. Die "islamische Demokratie" in seinem Land sei von Bedeutung für die ganze moslemische Welt. "Ihr Scheitern wäre nur im Interesse der hegemonistischen Mächte", so der Staatspräsident. "Ich lehne die Idee ab, dass der Islam nicht zur Demokratie passt, sie ergänzen sich gegenseitig", sagte er. Er widersprach damit dem konservativen schiitischen Klerus, der in der westlichen Demokratie eine Unterhöhlung des islamischen Gottesstaates sieht. In Iran liefern sich Reformer und der radikalschiitischen Flügel der Ayatollahs seit Monaten einen Machtkampf. Mit dem Verbot vieler reformorientierter Zeitungen will der Klerus offenbar versuchen, die Ideen Khatamis im Volk tot zu schweigen.
Ungeachtet der Rede des Staatschefs nahm die vom konservativen Klerus beherrschte Justiz auch am Wochenende wieder zwei Journalisten fest. Die Satiriker Mohammed Kutschani und Ebrahim Nabawi sollen unter Zwang einem Gericht vorgeführt werden, meldeten iranische Medien am Sonntag. Am Vortag war der iranische Kultusminister und Hauptverantwortliche für Medien-Politik, Ataollah Mohadscherani, bei Gericht vorgeladen worden. Der festgenommene Journalist Nabawi hatte sich mit der Formulierung "In Iran ist der Präsident zugleich der Führer der Opposition" den Zorn der religiösen Führer zugezogen. In Iran muss sich der liberale Staatspräsident Khatami in wichtigen politischen Entscheidungen dem Willen des geistlichen Oberhaupts Ayatollah Ali Khamenei beugen