Frankfurter Rundschau, 14.8. 2000
NPD will Ausländer von Sozialsystemen ausschließen
Rechte Partei beruft sich bei geforderter "Rückführung" Nicht-Deutscher auf die hessische CDU
Von Ursula Knapp
Mit einer Doppelstrategie hat der Parteivorstand der NPD auf die Verbotsdiskussion in Bund und Ländern reagiert. Der Vorsitzende Udo Voigt und sein Stellvertreter Hans Günter Eisenecker distanzierten sich am Wochenende zwar von gewalttätigen Aktionen gegen Ausländer, gleichzeitig betrieben sie Ausländerhetze.
BRUCHSAL, 13. August. Explizit forderten Voigt und Eisenecker bei einer Pressekonferenz in Bruchsal bei Karlsruhe den Ausschluss von Ausländern aus der deutschen Rentenversicherung sowie der Sozialhilfe und die "Rückführung" in ihre Heimat. Außerdem äußerten sie die Vermutung, dass Provokateure des Verfassungsschutzes hinter Gewaltaktionen steckten, um sie der NPD unterzuschieben. Es gebe keinerlei Hinweise, dass die NPD in "so genannte Gewalt" verwickelt sei, sagte Eisenecker. Geradezu abenteuerlich sei es, "Übergriffe, die hie und da mal vorkommen und eventuell von Provokateuragenten angeregt wurden, der NPD zu unterschieben". Die NPD ist nach Eiseneckers Worten "die Partei des Friedens".
Auch der Parteivorsitzende Udo Voigt distanzierte sich von Gewalttaten. "Gewalttaten ekeln mich an", sagte er auf der Pressekonferenz, fügte aber hinzu, es sei seine Pflicht zu sagen, dass es zu viele Ausländer in Deutschland gebe. Während "ein deutscher Familienvater nicht weiß, wie er die nächste Rate für das Eigenheim bezahlen soll", weil er arbeitslos sei, habe "Ali Mustafa" Arbeit.
Die NPD stehe auf dem Boden des Grundgesetzes, betonte der Vorstand. Auf Nachfrage verwies Voigt einschränkend auf die Vorläufigkeit des Grundgesetzes, die 1949 in Artikel 146 formuliert wurde. Danach tritt das Grundgesetz außer Kraft, wenn die Deutschen nach der Wiedervereinigung über eine neue Verfassung beschließen. Zu einer Verfassung, wie sie der NPD vorschwebe, gehöre eine Änderung des Asylrechts.
Der Parteivorstand legte am Samstag ein Flugblatt der hessischen CDU aus dem vergangenen Wahlkampf vor, in dem die Partei eine "Rückführung" von Ausländern in ihre Heimatländer angekündigt hatte. Die Verbotsdiskussion gegen die NPD werde jetzt vor allem von der Union geführt, weil sie befürchte, Stimmen aus dem nationalen Lager zu verlieren. Nach Voigts Angaben hat die NPD in den vergangenen Wochen 500 neue Mitglieder aufgenommen und verfügt jetzt über eine Gesamtstärke von 7000.
Die Pressekonferenz fand in Bruchsal statt, nachdem die Gaststättenbesitzer in Karlsruhe keine Räume zur Verfügung gestellt beziehungsweise ihre Zusagen wieder zurückgenommen hatten. Zuvor war in Karlsruhe die für Samstag geplante NPD-Demonstration wegen der Gefahr gewalttätiger Auseinandersetzungen verboten worden. Die Verwaltungsgerichte hatten das Verbot am Freitagabend bestätigt. Den Landesvorsitzenden der baden-württembergischen NPD, Michael Wendland, veranlasste das zu der Bemerkung: "Die heutigen Juden sind die Nationaldemokraten."
Das frühere Mitglied der linksterroristischen Rote Armee Fraktion (RAF), Rechtsanwalt Horst Mahler, stellte während der Pressekonferenz einen offiziellen Mitgliedsantrag bei der NPD. Es komme jetzt darauf an, sich "um Deutschlands willen bedingungslos vor die NPD zu stellen", rief Mahler alle "Deutschdenkenden" auf.
Der Marxismus habe das Volk in oben und unten gespalten. Das sei grundsätzlich falsch. Der Widerstand müsse sich vor allem gegen die US-amerikanische Vorherrschaft richten und aus der "völkischen Einheit" kommen. Voigt unterstützte den Aufnahmeantrag, falls Mahler bereit sei, nicht mehr "Genosse, sondern Kamerad" genannt zu werden.