web de 14.08.2000 22:25
Regierung drängt Sezer zur Unterzeichnung von Erlass
Sieht Entlassung mutmaßlicher Islamisten aus dem Staatsdienst vor
Ankara (AP)Die türkische Regierung hat Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer am Montag einen Erlass erneut zur Unterschrift vorgelegt, der die Entlassung Tausender mutmaßlicher Sympathisanten von Islamisten und kurdischen Separatisten aus dem öffentlichen Dienst vorsieht. Sezer hatte gegen den Erlass in der vergangenen Woche sein Veto eingelegt. Die Regierung legte in einem 15-seitigen Brief an den Präsidenten ihre Sichtweise dar, wonach er kein Recht habe, den Erlass ein zweites Mal abzulehnen. Sezer hat erklärt, eine derartige Maßnahme müsse in einer Abstimmung vom Parlament gebilligt werden. Der ehemalige Richter hat sich wiederholt für mehr Demokratie in der Türkei ausgesprochen.
Sezer hat sich bislang nicht dazu geäußert, wie er weiter verfahren will. In Zeitungen wurde darauf hingewiesen, dass er einen zum zweiten Mal vorgelegten Erlass zwar unterzeichnen muss, die Verfassung hierfür aber keinen Zeitrahmen vorgibt. Beobachter halten es daher für denkbar, dass Sezer die Unterzeichnung auf unbestimmte Zeit hinauszögert. Er könnte den Erlass auch unterzeichnen und dann dem Verfassungsgericht zur Überprüfung vorlegen.
Das Militär übt Druck auf die Regierung aus, stärker gegen mutmaßliche Islamisten vorzugehen. Regierungsbeamte haben offenbar bereits Listen mit 3.000 Namen von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes zusammengestellt, die bei Inkrafttreten des Erlasses entlassen würden.