Frankfurter Rundschau, 16.8.2000
SOS-Rassismus soll doch Geld erhalten
vs SOLINGEN, 15. August. Die CDU-Mehrheitsfraktion im Rat der Stadt Solingen ist angesichts des von allen Parteien geforderten verstärkten Kampfes gegen den Rechtsextremismus von ihrer festen Absicht abgerückt, 2001 der Solinger Initiative "SOS-Rassismus" den bisher per anno gezahlten Zuschuss von 91 000 Mark zu streichen.
Die Initiative war 1993 nach dem Anschlag auf die türkische Familie Genc gegründet worden, bei dem fünf Frauen und Mädchen der Familie starben. Die CDU/FDP-Mehrheit im Rat der Stadt hatte im April beschlossen, im Zuge der allgemeinen Sparmaßnahmen zur Konsolidierung des städtischen Etats den Zuschuss an "SOS-Rassismus" im nächsten Jahr zu streichen.
CDU-Fraktionsgeschäftsführer Jan Welzel sagte der FR am Dienstag, dass die Mehrheitsfraktion die Entscheidung über die weitere Förderung des Vereins angesichts der aktuellen Lage neu bewerten werde. Noch sei nichts entschieden. Seine Partei wolle mit konkreten Projekten gegen die rechte Szene in der Stadt vorgehen. Wie und ob "SOS-Rassismus" dabei mitarbeiten könne, sei noch offen.
Fest stehe allerdings schon jetzt, dass die bisher aufgewendeten 91 000 Mark für die Bekämpfung des Rechtsextremismus in der Stadt nicht dem Rotstift zum Opfer fallen würden, versicherte Welzel. Der Haushaltsentwurf für 2001 soll erst im November dem Rat vorgelegt werden.
Britta Müller, einzige hauptamtliche Mitarbeiterin der Solinger Initiative, ist mit diesen vagen Verlautbarungen nicht zufrieden. Man könne nicht den zunehmenden Rechtsextremismus beklagen und gleichzeitig jenen Initiativen das Geld streichen, die dagegen angingen.
Die Initiative "SOS-Rassismus" hat daher die Landesregierung um Hilfe gebeten und bei der Stadt Solingen einen neuen Förderantrag gestellt. Als eines der nächsten Projekte plant die Initiative mit der Wuppertaler Universität eine Untersuchung über das Verhältnis zwischen Deutschen und Ausländern sieben Jahre nach dem tödlichen Brandanschlag auf die Familie Genc.