junge Welt, 16.08.2000
Solingen: Was haben Sie gegen »SOS-Rassismus«?
jW fragte Jan Welzel, Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Solingen (Nordrhein-Westfalen)
F: Der Rat der Stadt Solingen hat mit der Mehrheit von CDU und FDP beschlossen, dem Verein »SOS-Rassismus« ab dem kommenden Jahr die Gelder zu streichen. Warum?
Also wir hatten zunächst fiskalische Gründe angeführt, weil wir einfach hier in der Haushaltskonsolidierung sind. Wir sind allerdings derzeitig dabei, über den Gesamtkomplex nachzudenken, in welcher Form man sich wie dort engagieren oder nicht engagieren soll. Ob man möglicherweise Einzelprojekte anstößt, ob man da einen wie auch immer gearteten Trägerverein braucht, der bestimmte demokratische Werte vermittelt, wie auch immer. Es schlägt ja auch gewisse Wellen, wenn hier schon eine überregionale Zeitung anruft, auch aufgrund des verstärkten Augenmerks auf rechtsradikale Vorfälle.
F: Dieser Verein ist ja nicht einer unter vielen, sondern fand internationale Beachtung, als er nach den ausländerfeindlichen Brandanschlägen in Solingen 1993 gegründet wurde. Finden Sie nicht auch, daß diese Mittelstreichung jetzt verheerende Signalwirkung hat?
Ja, na gut, aber die Frage ist natürlich auch immer wieder, wie man eine bestimmte Aufgabe erfüllt.
F: Haben Sie denn Kritik an der Arbeit des Vereins?
Wir denken über den Gesamtkomplex nach, um eine wie auch immer geartete Lösung zu erarbeiten.
F: Frau Müller, der Geschäftsführerin von SOS-Rassismus, wurde von der CDU mitgeteilt, daß so ein Verein nicht mehr nötig sei, da ja Fremdenfeindlichkeit inzwischen aus der Mitte der Gesellschaft heraus aktiv bekämpft werden würde.
Das ist ja auch in vielen Punkten so. Es gibt ja auch viele Aktivitäten von Vereinen und Verbänden, die sich da engagieren. Und der Verein fühlt sich mittlerweile auch veranlaßt, Asylbewerbern bei der Antragstellung zu helfen. Das mag ein ehrenwertes Ziel sein, hat aber eigentlich mit dem originären Zweck nichts zu tun.
F: Der Verein hat angekündigt, seinen Förderantrag zu erneuern. Wie werden Sie sich dazu verhalten?
Ich kann nur noch mal wiederholen, die CDU-Fraktion denkt über den Punkt, über die Gesamtlösung des Punktes, in welcher Form auch immer, nach. Wir sind da also im Moment vollkommen ergebnisoffen.
F: Gab's denn, als dieser Beschluß gefaßt wurde, Bedenken, daß das imageschädigend für die Stadt Solingen sein könnte?
Diese Punkte sind weniger beleuchtet worden. Wir müssen einfach auch gucken, wie wir ein Stück weit hier als Kommunalpolitik die Penunsen zusammenhalten. Aber ich kann noch mal sagen: Das haben wir etwas zu verkürzt gemacht, das will ich gerne einräumen, nach rein fiskalischen Gesichtspunkten.
F: Gehen Sie denn davon aus, daß es nach wie vor eine rechtsextreme Szene in Solingen gibt?
Das kann ich hundertprozentig nicht bestätigen oder dementieren. Die CDU geht grundsätzlich davon aus, daß die Beobachtung, auch Bekämpfung von solchen Aktivitäten grundsätzlich der Polizei und auch dem Verfassungsschutz obliegen.
Interview: Rainer Balcerowiak