web.de, 19.08.2000 14:00
Yilmaz und Müller beim Nationentag der Türkei auf der Expo
Friedlicher Protest gegen Menschenrechtsverletzungen
Hannover (AP) Der stellvertretende türkische Ministerpräsident Mesut Yilmaz und Bundeswirtschaftsminister Werner Müller haben am Samstag in Hannover gemeinsam den Expo-Nationentag der Türkei eröffnet. Auf der zentralen Plaza der Weltausstellung nannte Yilmaz die Expo «eine Chance für neue Visionen am Beginn eines neuen Jahrtausends». Die Türkei strebe die Integration in Europa an. Ihre Probleme hätten vor allem «mit dem schnellen sozialen Wandel zu, sind aber vorübergehender Natur». Für eine Integration müsse man Formen des kulturellen Austauschs entwickeln, die uns gegenseitig reich und nicht ärmer machen.
Bundeswirtschaftminister Müller bezeichnete die Türkei als ein Land, mit dem «uns schon immer besondere Beziehungen verbinden». Im türkischen Expo-Pavillon werde in überzeugende Weise das Ausstellungsmotto «Mensch Natur Technik» aufgenommen. Dort zeige die Verbindung von Tourismus und Artenvielfalt in überzeugender Weise, «dass Ökonomie und Ökologie keine Gegensätze sein müssen, sondern wirtschaftliche Synergieeffekte entfalten können».
Auch der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel sagte in seinem Grußwort: «Deutschland und die Türkei verbindet seit mehr als hundert Jahren eine Freundschaft, die auch über Kriege hinweg erhalten geblieben ist.» Das Leben der vielen Menschen aus der Türkei in Deutschland sei bestimmt von guten Kontakten mit Arbeistkollegen, und von täglichen Kontakten im Alltag, die nichts mit Gewalt und Ausländerfeindlichkeit zu tun hätten. Das sei das reale Deutschland, mit dem man gemeinsam die Zukunft in Europa bauen wolle.
Zu Beginn der Rede des stellvertretenden türkischen Ministerpräsidenten wurde ein Mann, der «Frieden und Freiheit für Kurdistan» gerufen hatte, sofort von der Polizei überwältigt und abgeführt. Insgesamt wurden nach Polizeiangaben zehn Personen des Expo-Geländes verwiesen, die sich unter die über 500 Zuschauer der Eröffnungszeremonie gemischt hatten und mit Transparenten auf die Situation der Kurden aufmerksam machen wollten.
Amnesty International verteilte am Samstagmorgen an Expo-Eingängen Handzettel, auf denen über Menschenrechtsverletzungen in der Türkei informiert wurde. An einer Kundgebung vor dem Türkischen Kosulat in der Hannoverschen Innenstadt, zu der die Menschenrechtsorganisation aufgerufen hatte, nahmen nach Polizeiangaben 500 Demonstranten teil. Zeitgleich verlangten etwa 160 Menschen auf einer weiteren Protestkundgebung in Hannovers City Freiheit für den Kurdenführer Abdullah Öcalan und alle politischen Gefangenen in der Türkei. Alle Protestaktionen verliefen der Polizei zufolge friedlich.
Der türkische Nationentag wurde am Samstagmittag mit einem Folkloreprogramm auf der Expo-Plaza und einem großen deutsch-türkischen Picknick fortgesetzt