Frankfurter Rundschau, 22.8.2000
Gericht untersagt rechte Seite im Internet
Linker wurde angeprangert / Bank kündigt NPD-Konto
Das Oberlandesgericht (OLG) Thüringen hat am Montag einen Aufruf Rechtsextremer gegen einen Gewerkschafter im Internet untersagt. Die Deutsche Bank Lübeck kündigte ein Konto der NPD. Ein Verbot der rechtsextremen Partei würde vom Präsidium der SPD unterstützt.
JENA / FRANKFURT A. M., 21. August (ing/afp/dpa). Die Anprangerung eines politischen Gegners sei nicht durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, teilte der 3. Zivilsenat des Thüringer Gerichts mit (Az: 3 W 486/00). Der Betroffene werde durch die Internetveröffentlichung stigmatisiert und der Verfolgung preisgegeben. Auf der rechten Homepage waren Einzelheiten zur beruflichen Tätigkeit und zu politischen Aktivitäten des Mannes aus Gera genannt worden. Weiter hieß es dort, der Gewerkschafter sei unter anderem bei Demonstrationen durch "Provokationen" wie Nazis-raus-Rufe "negativ" aufgefallen.
Laut OLG schloss der Internet-Text zwar mit dem Hinweis, "aus juristischen Gründen" werde ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass nicht zu Gewalt- oder Willkürakten gegen den Betroffenen aufgerufen werden solle. Der Kläger sah sich aber durch die Veröffentlichung in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Mit seiner Entscheidung hob das OLG ein Urteil des Landgerichts Gera auf, dass den Antrag zuvor zurückgewiesen hatte.
Die Deutsche Bank Lübeck kündigte der NPD ein Konto. Bis zum 31. Oktober sei der Partei "eine Übergangszeit" eingeräumt worden, sagte ein Sprecher des Geldinstituts in Frankfurt am Main. Die Bank gehöre nicht "zu bevorzugten Geldinstituten" der NPD. So gebe es nur noch ein weiteres Konto, dessen Kündigung ebenfalls bevorstehe. Die NPD präferiere Sparkassen und Postbanken. Die Postbank Ludwigshafen kündigte nach Angaben eines Sprechers ein Spendenkonto für den wegen Volksverhetzung inhaftierten NPD-Funktionär Christian Hehl.
Die SPD-Führung unterstützt die Forderungen nach einem Verbot der NPD. Generalsekretär Franz Müntefering sagte am Montag nach einer Sitzung des SPD-Präsidiums in Berlin, durch ein solches Verbot könnten die Rechten "aus dem Tritt gebracht" werden. Zunächst müsse aber geklärt werden, ob die Belege für ein verfassungsfeindliches Bestreben der NPD für ein Verbot ausreichen.
Angesichts der Forderungen, die Wahlkampfzuschüsse an die NPD zu streichen, wies Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) am Montag darauf hin, dass die derzeitige Rechtslage dies nicht zulasse. Solange eine Partei legal an Wahlen teilnehmen dürfe und mindestens 0,5 Prozent der Stimmen bekomme, stehe ihr nach dem Gesetz das Geld zu.